El Bosso & die Ping Pongs – Tag vor dem Abend

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Die Ping Pongs bringen wieder Platten raus. Brauchts das? Naja, irgendwie schon, denn einerseits ist die deutsche Offbeatszene zur Zeit sowieso relativ einfallslos und andererseits erheben sich die Münsteraner mit „Tag vor dem Abend“ durchaus wohltuend über das Niveau des „Woho-hoho-hohow - Immer nur Ska“ der frühen 90er Jahre. Statt des ursprünglichen 3rd Wave Programms steht jetzt auf den wehenden Fahnen. Vielfalt! Vielfalt! Vielfalt! Jeder Song auf dem neuen Album klingt ein bisschen anders. Ein paar Prisen HipHop, Flamenco-Gitarre, funky Soul, Dancehallbeats alla Seeed, Breakbeat-Drumcomputer, ein Punkrock-Refrain und RocknRoll Attitüde und insgesamt ein viel höherer Reggae-Faktor. Da ist schon ganz schön was auf dem Speiseplan. Interessant, dass ich beim Durchhören wiederholt an Jan Delay denken musste. Aber ja, ich leg mich fest: El Bosso zurück auf den Plattentellern, das braucht es sehr wohl!
Schon seit 2003 ist die Band ja wieder ab und zu live unterwegs. Die Streitigkeiten, die Mitte der 90er zum Split geführt hatten, sind offenbar ausgebügelt worden, und selbst Dr. Ring-Ding konnte sich genügend Zeit frei schaufeln, um für die Ping-Pongs die Posaune zu schmettern. Wie man partytaugliche Straßenfeger komponiert, das wussten sie damals und das stellen sie nun einmal mehr unter Beweis. Dazu gewohnt humorige deutschsprachige Texte und ein Rhythmus bei dem jeder mit muss. Keine Frage, dieses Album hat es in sich. „Mädchenmusik“ nennt die Band das: Massentauglich, gut zum mitsingen und schön, das vor allem, einfach schööööön! Ich gebe ihnen da völlig recht, übersetze aber in Eigenregie: El Bosso schreiben jetzt für das breite Publikum. Ihre Musik wird vielen gefallen, wird (hoffentlich) große Konzerthallen füllen, wird aber der Offbeatpolizei mit dem musikalischen Arsch ins Gesicht fahren. Das sie bei allem Spaß und aller stilistischer Offenheit trotzdem wissen, wo der Rhythmus herkommt, das zeigen die Coverversionen von Desmond Dekkers „Get up Edina“ (Das braucht doch keiner) und John Holts „Man next door“ (Mann von nebenan) sowie die Wiederaufnahme von „One Scotch, one Bourbon, one beer“, das Dr. Ring-Ding zusammen mit den Senior Allstars (Dandimite) schon vertont hatte. Bleibt eigentlich nur die Frage: Wann kommt das lang erwartetet Bob Marley & the Wailers Cover „(ich streich mein) Zimmer braun“?
Übrigens: „Tag vor dem Abend“ wird es auch auf Vinyl geben, nämlich über Grovers Kanal V.O.R.

VÖ (CD): 20.01.2012