Wohlstandskinder

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Ja, warum sollte es denn auch beim ersten Mal klappen? Vor ca. 3 Jahren, am Anfang meiner kleinen, bescheidenen „Journalistenkarriere“, machte ich mein allererstes Interview mit den sympathischen Jungs aus Köln, die gerade ihr 4. Album „En Garde“ veröffentlicht hatten. Als Fan der Band war ich natürlich ein wenig voreingenommen, hatte aber dafür jede Menge Fragen an sie. Ich stellte ihnen knapp eine Stunde lang alle möglichen Fragen & stellte am Ende fest, daß der Tonmann im Studio das Interview gar nicht aufgenommen hatte. Super! Glücklicherweise waren die Herren so nett & ließen das ganze noch einmal über sich ergehen. Und ich war so glücklich…

Mittlerweile sind, wie gesagt, 3 Jahre ins Land gezogen und in dieser Zeit hat sich eine Menge getan. Sie sind vom, genauso sympathischen Indielabel VITAMINEPILLEN zu MOTOR gewechselt & füllen immer größere Hallen. So auch wieder am vergangenen Donnerstag, den 29.1.. Es war schon komisch, die Band mal nicht im Wild at Heart zu sehen, wo sie die letzten Male immer gespielt haben, wenn man vom Supportkonzert von SUM 41 im letzten Jahr im ColumbiaFritz bzw. dem kleinen Gig im Oktober in der Kalkscheune absieht. Da bei diesen Konzerten aber das selbige schon fast immer aus den Nähten platzte, hätte es dieses Mal, nach Airplay auf diversen Radiostationen, VIVA usw. aber sicher nicht mehr gereicht. So zog man diesmal ins Kesselhaus.
Relativ früh fand ich mich dort ein, um, weil ja eben so viel geschehen ist, den Jungs abermals das Mikro unter die Nase zu halten & ihnen ein paar Fragen, rund um das neue Album ‚Dezibelkarate' zu stellen. Mehr oder weniger spontan erklärten sich Türk und Raki dazu bereit & während der Rest über das Catering her fiel, kletterten wir 3 Stockwerke nach oben, um in aller Ruhe ein Gespräch zu führen. Ja, Gespräch, das ist das richtige Wort. Wieder knapp eine Stunde stellte ich ihnen Fragen über Gott und die Welt, die verdammt ehrlich beantwortet wurden und für einige Ohren vielleicht gar nichts gewesen wären. Und was passiert? Mein blöder MD-Recorder speichert das Interview nicht richtig ab & alles ist verloren…. Ein Fluch? Ich berichte also den Jungs von meinem Malheur & wir können eigentlich nur noch darüber lachen, da so was ja irgendwie wieder kommen musste. Nett, wie sie aber sind, geben sie mir noch mal eine zweite Chance. Entweder noch am selben Abend, während die Vorband PERSONA NON GRATA spielt, oder eben am nächsten Morgen, während des Frühstücks.

Letztlich ist letzteres daraus geworden, weil ich mal eben die Leute zählte, die bezahlt haben. 389 oder so sind es letztlich daraus geworden. Nicht schlecht für Belin auf einem Donnerstag. Und es werden immer mehr. Gut so.

Also am nächsten Morgen, nach einem Super-Konzert & halbwegs langen Nacht, in ein kleines Kaffee in die Schönhauser Allee gefahren & das ganze noch einmal probiert. Und YEAH! Diesmal ist es auch was geworden.

Aus Rücksicht wegen der langen Nacht (Caddy war zuvor 2 Tage nüchtern geblieben!!!) kürzte ich meinen Fragenkatalog etwas, um der Band vor ihrem bevorstehenden Auftritt in Rostock nicht alle Kraftreserven zu nehmen. Trotzdem, denke ich, lassen die Antworten Euch ein bisschen mehr über die Band erfahren. Und ich wünsche ihnen alles erdenklich Gute auf ihrem Weg weiterhin. Immer wieder gern werde ich zu einem Konzert von ihnen gehen. Kauft Euch ALLE ihr neues Album und lernt, falls ihr es nicht eh schon tut, handgemachte Musik zuschätzen & zu lieben. Danke an "Josi Joghurt" für´s abtippen & Here we go:

S - Silver, C - Caddy, T - Türk, R - Raki

Nach 2 bzw. 3 VÖ-Terminverschiebungen. Wie fühlt man sich, daß nun die Platte nach all den Verzögerungen nun doch endlich erscheint / erschienen ist? Zumal die Songs ja teilweise über ein Jahr alt sind.
R: Ach Du Scheiße. Heute habe ich nicht mehr ganz so viel Elan wie gestern, wo wir das schon mal beantwortet haben. Aber, natürlich freuen wir uns sehr, daß wir jetzt endlich mal unser Gesicht wahren können und nicht wieder neue Ausreden erfinden müssen. Und den Fans wieder erklären müssen, warum die Platte jetzt wieder nicht kommt.

Erzähl doch mal ein wenig über die Entstehung des Albums. Wie gestaltete sich die Arbeit mit Olaf Opal, Eurem Produzenten? War´s das erste Mal mit einem Produzenten zusammen zu arbeiten? Hat er Euch viel reingeredet? Inwiefern nahm er Einfluss auf die Songs?
S: Also die Arbeit mit Olaf war super. Wir haben uns das eigentlich alles ganz anders vorgestellt. Wenn ein Produzent dabei ist, hatten wir uns gedacht, daß richtig viel reingefuscht wird, richtig viel vorgeschrieben wird. Aber das war überhaupt nicht so. Wir hatten die Möglichkeit, mehrere Produzenten kennen zu lernen. Haben uns für Olaf entschieden, haben uns dann mit ihm in den Proberaum gesetzt, sind dann die Stücke durchgegangen. Und im Endeffekt hat er, glaube ich, sich dann da hingesetzt und hat vielleicht mal gesagt: „Mach mal den Break vielleicht lieber zu dem hin“ oder so was und das war´s auch. Und ja im Studio war es super, daß unser Mainstreamrock auf so einen ziemlich durchgeknallten Soundfetischisten getroffen ist. Und das gab dann, naja, ein gutes Endresultat, würd ich mal sagen.

Du hast mal in einem Interview angedeutet, oder gesagt, daß Du die DEZIBELKARATE als Euer erstes richtiges Album siehst. Also als ein schlüssiges Ding. Ist es dafür aber nicht so, daß die vergangenen Alben, auch wenn mal ein Song aus dem Rahmen fiel, abwechslungsreicher waren? Waren die anderen Platten denn soooo schlecht?
S: Also ein Album betrachte ich wie ein, ja, wie ein Fotoalbum. Ein Lebensabschnitt. Ein halbes Jahr, ein ganzes Jahr, was da an Emotionen, an Erlebnissen mit rein gepackt wird. Und das war bei allen Alben, die wir aufgenommen haben schon immer so. Nur irgendwie war es bei diesem Album so, daß wir endlich mal auf den Punkt gekommen sind. Genau so war dieses halbe Jahr. Es gibt ja einen roten Faden, der sich durch alle Stücke zieht. Und ich finde, sie sind trotzdem Abwechslungsreich.

Ein Album muss nicht wie aus einem Guss klingen und nicht abwechslungsreich sein. Die Alben davor, das war alles mehr so Patchworkarbeit. Also im Nachhinein betrachtet klingt das eher so. Und das finde ich halt dabei super, daß es einfach ein total schlüssiges Gesamtwerk ist und nicht nur die einzelnen Stücke. Das heißt aber nicht, das die Anderen schlechter sind - das auf keinen Fall!
T: Darüber hatten wir uns ja schon unterhalten, daß wir da auch unterschiedlicher Meinung sein können. Für mich ist das schon das sechste Album, was wir gemacht haben. Weil gerade ein Zeitgefühl einzufangen, das hat die „Für Recht und Ordnung“ sehr gut gekonnt, so waren wir damals halt einfach. Und die Poppxapank eigentlich genauso. Das was Honolulu grad für die „Dezibelkarate“ erzählt hat, stimmt eigentlich für jede Platte.

Ich weiß nicht, ob ich es positiv oder negativ finde - Die zweite und dritte Stimme, die auf den letzten Alben sehr dominant zu hören waren sind ein wenig in den Hintergrund gerückt worden. Auch was Percussion anbelangt…
S: Ja, das ist einerseits von uns ausgegangen, andererseits auch von Olaf, der da sehr drauf hingedrängt hat. Außerdem ging es mir und der Band ziemlich auf den Sack, daß gerade die Backgroundstimmen sehr, sehr laut waren und das sie mit der Hauptsimme fast nicht mehr auseinander zu halten waren und das kann man eigentlich nicht bringen, das war einfach nicht schön. Und deswegen war es uns wichtig, daß solche Sachen einfach da sind, die Arbeit war genau die Selbe und genauso viel, nur das alles subtil in den Hintergrund gerückt wurde. Das heißt, du hast im Endeffekt denselben Effekt, aber du weißt genau `Da ist die klare Gesangslinie´ und das Ganze wird trotzdem aufgefüllt. Mit Percussion war es genauso, also wir haben eigentlich genauso viel Schnickschnack wie auf allen Studioalben, die wir bis jetzt hatten, nur haben wir diesmal vielmehr mit handgemachten Sachen gearbeitet.

Also wenn wir früher einfach mal einen Synthie benutzt haben, um irgendein Geräusch zu erzeugen, haben wir uns diesmal wirklich einen Abend hingesetzt, eine Flasche Rotwein aufgemacht, einen Geigenbogen ausgepackt, die Gitarre bespielt und der Olaf hat dann noch Tausende von Fußschaltern zwischengeschaltet und wir haben einfach total kranke Sachen an Sound entwickelt. Bei den Percussion genauso. Caddy hat irgendwelche Loops eingespielt, die dann total verzerrt und verfremdet worden sind.
C: Hehe, damit ich endlich auch mal was erzählen kann...
Die Percussiongeschichte war ein geiles Ding. Beispielsweise: Du nimmst einen Haufen Schrott. Einen Haufen Blechschrott, schmeißt ihn auf den Boden, hängst in eine Ecke des Studios ein total empfindliches Mikrophon und kloppst dann auf diesem Schrott mit Stöcken rum und es hört sich nicht mal mehr im Entferntesten nach dem an, was es eigentlich ist - ein Haufen Schrott. Es hört sich an wie ein Drum-Loop. Wenn du das dann zurechtschneidest und noch mal verzerrst...Also quasi handgemachte Elektronik. Super!

T: Was auch sehr auffällig ist, ist ja, daß wir komplett davon weggekommen sind Fremdmusiker dazu zunehmen, die irgendwas einspielen, zum Beispiel Saxophon. Das war halt so, daß wir das ganz klar strukturiert haben wollten. So ist das live, so bringen wir es und so soll es auch auf Platte sein.

Auf dieser Platte sind ja auch keine Bläser zu finden....
C: Ja, wir haben uns da auch eigentlich keine Gedanken drüber gemacht. Wir wollten nicht so zwanghaft „Hach, jetzt müssen wir noch ein paar Ska-Stücke rein machen“. Also die Ska-Stücke, die du von uns kennst, die auf den ganzen vorherigen Platten drauf sind, die kamen auch ganz einfach so. Dann hat der Silver meinetwegen eine kleine Melodie zwischendrin gesungen und wir dachten uns, daß es geil wäre, wenn das jetzt Bläser wären. Ja. Dann haben wir es auch ganz einfach so gemacht. Aber da uns ganz einfach diese Stücke und diese Ideen im Moment nicht kamen, also wir denken uns ja nicht „Oh, jetzt fehlen noch 3 Ska-Songs für die Platte. Die müssen wir jetzt mal ganz schnell schreiben“. Von daher gibt es auch keine Bläsermelodien. Wir haben mehr auf Gitarrenrock gemacht.

In „Einer von Millionen“ / „Heute kein Morgen“ kommt es mir so vor, als beschäftigst Du Dich mit dem alten Thema: „Wo komme ich her, wo geh ich hin?“. Was würdest Du machen, wenn es heute kein Morgen mehr geben würde…?
S: Mmmhh...Genau das Selbe, was ich heute auch mache! Also, im Endeffekt: Rühreier mit Schrimps essen - sehr lecker übrigens! Ne, das Stück „Heute kein Morgen“ ist ja eigentlich im Endeffekt nur eine Sache: „Sei einfach nur von dem überzeugt, was du machst!“ Und wenn du dir die Frage stellst: „Was wäre, wenn ich morgen sterben würde?“, „Habe ich alles richtig gemacht?“ oder „Fühle ich mich gut, wie ich jetzt lebe?“ Und vielleicht würde ich meine ganze Knete auf den Kopf hauen, wenn morgen der Weltuntergang wäre, aber die Lebensphilosophie, die wir im Moment haben, halt ich für total gut, für richtig und das kann ich so unterschreiben!

Nebenbei - würde mich mal interessieren - Hast Du Angst vor dem Tod?
S: Ne. Vorm Sterben vielleicht, aber ganz bestimmt nicht vorm Tod.

Im einem Plastic Bomb-Interview hast Du mal gesagt, ein Text muss zum Song passen. Siehst Du das heute noch so? Ist es o.k. für Dich wenn einige Leute mit Euren Texten beim ersten Hören nichts anfangen können bzw., wenn sie sich, wie man so schön sagt, ihre eigenen Sachen rausziehen?
S: Ja, auf jeden Fall! Also, da haben wir auch verschiedenste Texte, so das es halt welche mit ganz klaren Aussagen gibt. „Apathisch warten“ auf der Dezibelkarate zum Beispiel, das hörst du dir an und weißt genau „Aha, alles klar! Lustig, so meint er das. Punkt.“ Da brauch man nichts mehr dazu zu sagen. Bei anderen Stücken wiederum ist es vielleicht sehr persönlich oder man verarbeitet selber Sachen und wenn andere Leute ähnliche Emotionen haben, dann entstehen da automatisch Parallelen zwischen diesen Köpfen. Und das ist ja, finde ich, eine große Stärke bei Texten. Du ließt nicht einfach einen Zeitungsbericht, der einfach so runtergeht, sondern das du zwischen den Zeilen soviel reinsetzen kannst, nicht interpretieren, einfach nur soviel reinfühlen kannst und es auf dich beziehen kannst. Und das ist eine stärke von Texten - auf jeden Fall! Aber, was ich vor Jahren in der Plastic Bomb gesagt hab, das ist nach wie vor heute so, also ein guter Text muss auf jeden Fall zur Musik passen. Auf jeden Fall. Ganz sicher.

Internet: Raki, Du hast gesagt, daß die „En Garde“ voll ins „brennen“ geschlagen hat. Wie sieht es heute aus? Schon Monate vor VÖ, gab es die DEZIBELKARATE zum Download bei bekannten Tauschbörsen. Seid Ihr auch der Meinung: „Copy kills Music“? Und verbaut das Chancen, auf ´nem Major weitere Platten zu veröffentlichen?
R: Wo Du schon auf tausend andere Interviews verweist. Auch dazu haben wir schon häufig gesagt, daß wir das cool finden, daß wir das selber - ach, äähh, nee, wir machen das natürlich nicht selber! Der Feind hört ja immer mit. - Also während wir nicht kiffen, laden wir nicht herunter (Lachen). Nein, es nützt uns noch nach wie vor, genauso wie es uns gleichzeitig schadet. Klar, es werden weniger Platten verkauft, natürlich ist die Plattenfirma enttäuscht. Nicht nur unseretwegen, sondern wegen den CD´s, die sich schlechter verkaufen... Andererseits sind Konzerte besser besucht, weil sich die Leute viel leichter die Musik besorgen können und man kann total schnell Stücke verbreiten...

Verbaut das nicht eine Chance für eine Junge Band?
R: Nein. Überhaupt nicht.

T: Eher im Gegenteil. Also grade als junge Band eine CD einzuspielen im Proberaum ist ja mittlerweile ziemlich einfach. Die stellst du ins Internet und wenn du Glück hast verbreitet sie sich auch darüber.

Hmmh, ich will eher darauf hinaus, daß die Plattenfirmen dann wahrscheinlich aber lieber die X. „Best of“ vom Marius Müller Westernhagen & Co., rausbringen, als noch mal einer jungen Band eine Chance zu geben.
T: Das ist natürlich ganz klar. Plattenfirmen schrumpfen halt immer weiter zusammen und haben weniger Bands. Völlig klar, das stimmt schon „Copy kills music“. Also es hat ja auch einen Grund, daß wir unsere Platte so oft verschoben haben. Das liegt natürlich schon daran, daß sich Motor einfach, keine Ahnung, sich um 30% verkleinert hat in der Zeit, wo wir jetzt da sind.

S: Das ganze Brennen und so was, ist ja nicht die Ursache des ganzen Übels, sondern einfach die Strategien, die die Konzerne in den letzten Jahren gefahren haben. Das ist das Problem. Also überhaupt, dass die einfach soviel Geld für Scheisse ausgegeben haben, für irgendwelche Acts, um mit möglichst wenig Zeitaufwand richtig viel Kohle rauszuschlagen, das war einfach dumm. Weil jetzt sind einfach keine richtigen Nachwuchsbands, die da nicht aus dem Independentbereich gekommen, nachgewachsen und das ist das Problem.

Als die Single „Kein Radiosong“ erschien, die war nicht in den Top 100?
C: Ähhhmm...

Wisst ihr da Zahlen?
R: Das müsste etwas um die 130 gewesen sein.

Als „Kein Radiosong“ erschien, konnte man eine Woche später die Single von „Overground“, oder was auch immer, in den Charts entdecken aber nicht Eure. Tut das manchmal weh, eher so ´nen zusammengwürfelten Haufen dort zu sehen & nicht Euch?
C: Ne, eigentlich nicht. Also, ja, ich denk dabei nicht so oft an das Geld. Ich denk mehr „Die kriegen gesagt, was sie zu tun haben, die müssen springen, die haben keinen anderen Job als ein normaler Arbeitnehmer auch.“ Die müssen tun was ihnen gesagt wird, das ist bei uns halt nicht so. Wir haben den ganzen Kram immer selber gemacht, vor allem Liveshows und so. Wir machen halt, was wir wollen und diese Freiheit zu behalten ist schon geil. Und das ist ein Vorteil und ein Luxus, den wir uns gönnen und auch behalten werden gegenüber solchen „Bands“.

Gut, die sind ja auch bald vergessen. Inwieweit ist es da von Vorteil, auf eine gesunde Fanbasis blicken zu können. Ihr seid ja lange genug im „Geschäft“…
C: Ja, super! Von daher ist mir das auch mit den Verkäufen relativ egal. O.k., es hängt natürlich sehr was dran, ob du weiter eine Platte aufnehmen kannst, aber eine Fanbasis ist schon geil. Wir sind 8 Jahre lang durch die Gegend getourt und haben live gespielt. Und selbst wenn wir die Platten nicht mehr auf einem Major rausbringen, wird das immer noch genauso aussehen. Das ist schon schön, dass man darauf vertrauen kann.

In „Immer im Gepäck“ singst Du: „Zurück kann ich immer noch…“. Sollte es mit dem kommerziellen Durchbruch nicht klappen. Könnt Ihr dann noch zurück? Würdet Ihr das überhaupt wollen?
S: (lacht) Ähm, also da muss ich Dich jetzt korrigieren, weil sich das Stück eigentlich gar nicht damit auseinandersetzt. Das ist ja eigentlich das Tourleben.

Na, ich hab da halt mal was von mir reininterpretiert, hehe...
S: Ah, OK.

Weil die Leute können sich ja daraus ziehen, was sie wollen...
S: Ja, gut, aber das Stück ist jetzt wiederum eins. (lachen) Ja, Ok. Also du meinst, wenn wir von Motor gedroppt werden, ob wir wieder im Independentbereich Fuß fassen… Also ich würde sagen, ja, auf jeden Fall! Weil, es ist halt nicht so der Unterschied zwischen Major und Indie, wie wir uns das vorher vorgestellt haben. Im Endeffekt läuft unsere Arbeit genauso weiter, nur steht im Hintergrund für die CD-Produktion eine Firma, die Geld gibt und sich dann um den Verkauf kümmert. Das hat Vitaminepillen vorher auch getan. Im kleineren Maße natürlich, aber unser Tourleben, unsere Merchandise- und Fanarbeit läuft nach wie vor genauso aus unserer Hand und das geben wir auch nie an Zweite weiter.

T: Also für mich persönlich, „Zurück kann ich immer noch“ verstehe ich eher - Also gestern haben wir „Los Disckolos“ kennen gelernt, aus Argentinien, ultracoole Typen und da will ich mal hin und wenn es mir da nicht gefällt in Argentinien, dann kann ich immer noch zurück....

Gestern hast du Australien gesagt!

(alle lachen)

T: Ja, da kannte ich die ja auch noch nicht! Ah nee, nach Australien will ich eigentlich auch nicht. Hehe.

Wenn ich mal die derzeitige Musikszene überblicke, fällt mir auf, daß Bands wie MUFF POTTER, SCHROTTGRENZE oder eben auch ihr dabei seid, den vermeintlichen Größen auf die Füße zu treten. Ihr alle spielt, wenn auch teilweise früh bei größeren Festivals (BERLINOVA, etc.). Meint Ihr in naher Zukunft werden die Leute wieder mehr ein Auge auf Bands haben, die sich das wirklich alles erarbeitet haben, auf diesen Bühnen zu stehen?
C: Ich hoffe das. Ich mach das schon lange so, also dass ich immer auf die Suche nach neuen Bands gehe. Vor allem gute Livebands. Was die dann im Studio machen, selbst wenn die Platte kacke ist. Und wenn die Band live gut ist, werde ich auch immer wieder hingehen und Geld dafür bezahlen. Und ich hoffe, dass sich das auch vor allem in der Jugend, was weiß ich - Alter 15 Jahre - durchsetzt. Ich hoffe das inbrünstig! Ich weiß aber nicht, ob das klappt, weil das ist im Endeffekt, dass worauf es aus meiner Sicht beim Musikmachen ankommt. Das du halt eine gute Liveband bist und vor allem, daß das auch Leute mitbekommen.

Nach 6 Alben. Andere schaffen es gar nicht so weit. Schon mal überlegt, ´ne Art „Best of“ herauszubringen oder ein Livealbum, oder neumodisch eine DVD?
R: Ja, wohl weil wir in 1 ½ Jahren unser 10-Jähriges feiern, wird es irgendetwas geben. Hoffentlich haben wir dann die entsprechende Plattenfirma, die uns das ermöglicht. Aber wir sammeln schon Material für eine wohlmögliche DVD. `Best Of´, weiß ich nicht, ein Livealbum wäre auch eine Möglichkeit. Das ist letztlich aber irgendwie so doofe Firmenstrategie-Politik und da wird sich zeigen, was da grade sein muss/kann/wird. Aber so langsam wollen wir uns dann zu Ruhe setzen....

Also, ‚Best Of' oder Livealbum? Was, wenn überhaupt, lieber?
C: (schlürfendes Geräusch) Isch lutsch krad mein Eischwürfel....
Wenn, lieber Livealbum.

S: Ja, ich denke auch, das ist für uns dann erst einmal das Livealbum. Also wir wollen ganz viele alte Stücke noch mal auf CD haben, in besserer Produktion und vor allem besser von uns gespielt, als früher. Da bietet sich einfach das Livealbum an, das knallt dann und ich glaub das wollen dann auch die Leute eher von uns hören, als so ein blödes Best-Of produziertes Album.

Bei den ganzen Presseterminen und der ganzen Arbeit, die hinter so einem Album steckt, bleibt da noch Zeit für was anderes? Wie läufts mit Euren Studien – oder beschränkt Ihr Euch nur noch auf Nebenjobs? Könnt oder müsst Ihr mittlerweile von der Band leben?
C: Zeit bleibt schon. Also du hast teilweise Phasen, wo du wirklich viel beschäftigt bist. Also beispielsweise Raki: Der kümmert sich dann mehrere Stunden um Papierkram. Pro Tag, das muss man sich erstmal überlegen! Und du hast halt wirklich teilweise Phasen, wo du morgens aufstehst, abends irgendwann nach Hause kommst, den ganzen Tag nur Band gemacht hast und eigentlich gar keinen Bock mehr auf was Anderes hast. So ab ins Bett- fertig! Aber dann hast du Phasen, wo du 2 Monate Freizeit hast. Es kommt immer sehr heftig. Es ist keine Ausgewogenheit, sondern immer nur phasenweise.

Jetzt, wo Euer Video auf VIVA läuft. Werdet Ihr auf der Strasse angesprochen & wird nach Autogrammen gefragt? ;-)
C: Nö. (lacht)

R: Ab und zu sehe ich, wie mir Kaninchen folgen… Ich bin mir ganz sicher! Die wollen was von mir!

O.k., das war´s die letzten Worte gehören Euch.
C: Och ne, ich hab noch zu viel Restalkohol. Fällt mir jetzt nix ein!

Rock`n´Roll ist kein Lehnstuhl!
S: Das ist übrigens ein sehr gutes Motto. Also, wenn euch diese Stadt mal wieder zu grau, zu trist, zu leer und viel zu groß und anonym ist, dann hört doch einfach mal in DEZIBELKARATE rein, denn das ist wahre Gefühlswelt, Leben... mit einem Gemisch aus Rock`n´Roll. Viel Spass!