Greenday

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Ich hatte es echt nicht mehr für Möglich gehalten, daß mit ‘American Idiot' noch mal so ein beeindruckendes Album von GREEN DAY erscheint. Zu ihrer Hochzeit interessierten mich die Jungs von der East Bay nicht ein bisschen. Klar konnte man an Hits wie ‚Basket Case' oder überhaupt am Album ‚Dookie' nicht vorbeilaufen, ohne die damalige Hysterie mitzubekommen. Aber eigentlich war mir solch ‚Kommerz - „Punk“' ziemlich egal. 1998 zog es mich aber doch mal zu einem Konzert von ihnen. Zu einer Zeit, in der man nicht unbedingt die Angst haben musste, von kreischenden Teenies platt getreten zu werden. Zu einer Zeit, als ‚Nimrod', das Album Nummer 2 nach ‚Dookie', erschien und lange nicht an den Bestseller von 1994 anknüpfen konnte.

Heute hängt das Poster von damals noch immer an meiner Wand. Einen bleibenden Eindruck hatten sie also schon hinterlassen. Zwar wirkten sie an diesem Abend etwas lustlos und zertrümmerten auch wohl eher nur notgedrungen das Schlagzeug nach der Show, weil man es wohl von ihnen erwartete, aber trotzdem war es etwas Besonderes. Fragt mich nicht warum. Vielleicht war es der sympathische Umgang mit den Fans an diesem Abend. Die Dankbarkeit, doch auf echte Fans zählen zu können. Ja, das hatte mich beeindruckt. Und wenn andere Bands ihre frühen Alben und Hits manchmal verachten und auch nicht live zum Besten geben, hatten GREEN DAY damit überhaupt kein Problem. Nein, sie schienen damals wirklich noch immer Spaß daran zu haben, die alten Songs zu spielen. Und ich glaube, dass das auch heute noch so ist. Erstaunlich. Mit ‚American Idiot' haben sie aber nun eine Platte veröffentlicht, die vielleicht sogar an den, wenn nicht kommerziellen, zumindest aber doch an den „künstlerischen“ Erfolg von ‚Dookie' anschließen, diesen vielleicht sogar überflügeln könnte.

Vor vier Jahren erschien ihr letztes reguläres Studioalbum namens „Warning“. Es ist ein wenig untergegangen. Zu unrecht, wie ich finde. Wenn man aber jetzt ‚American Idiot' im Vergleich hinzuzieht, verständlich. Sie befanden sich wohl noch im Endstadium ihres Regenerierungsprozesses. Politischer und durchwachsender denn je. Mag jeder für sich entscheiden, ob das jetzt ein „Aufspringen“ auf den fahrenden Zug der „Anti-Bush Welle“ ist. Ich glaube aber, dass es trotzdem noch ziemlich mutig ist, ein Album mit dieser Aussage auf den (amerikanischen) Markt zu bringen. Lieber eine Stimme mehr als eine weniger. Das hatten wir doch schon mal, oder? Und wenn es so eine schöne und kraftvolle ist, umso besser.

Hey Tre Cool. Was denkst Du? Worüber können wir in 10 Minuten reden?
Keine Ahnung! Vielleicht über Mädchen? Mädchen sind immer gut. Aber sie müssen schlau sein. Intelligent. Aber, o.k., nein, hey, hier spricht Tre Cool von GREEN DAY, falls Ihr das hier gerade lest und nicht wisst, wer ich zur Hölle bin, ich sitze hier mit Mieschka und wir sprechen über AMERICAN IDIOT…

Na gut, dann lass es uns kurz machen und ein bisschen über das Album reden. Was denkst Du, hat sich im Gegensatz zur ‘Warning' verändert? Immerhin konnte ich das letzte Mal zusammen mit Euch dreien ganze 30 Minuten sprechen.
Ja, dieses Album ist ein Meisterwerk. Wir haben fast 18 Monate daran gesessen, es zu schreiben und aufzunehmen und wir haben keinen Plan, wie kommerziell erfolgreich es nun werden wird. Wir waren wirklich ehrgeizig und wollten etwas großes machen. Einfach aus einem Käfig ausbrechen, wenn Du so willst. Wir haben all unser Herzblut und all unsere Energie hineingesteckt. Wir haben uns aufgeopfert. Und alles zusammen in diese Platte gesteckt und nun sind wir aufgeregt wie kleine Kinder.
Jetzt ist die Platte draußen und alles läuft prima. Jeder will irgendwie mit uns reden. Deshalb hast Du wahrscheinlich nur 10 Minuten bekommen.

Kannst Du die Arbeit für das Album ein wenig beschreiben? Ihr habt wieder mit Rob Cavallo geartbeitet.
Yeah, er hat damals die ‘Dookie' gemacht. Jetzt ist er wieder zurück bei Warner Bros., unserem Label. Eine Weile lang hat er für ein anderes Label gearbeitet, so konnten wir nicht mit ihm zusammenarbeiten. Also hatten wir das in der letzten Zeit eben selbst gemacht…

Echt? Ihr hattet nicht die Möglichkeit, Euren Produzenten selbst zu bestimmen?
Er hatte eine Weile pausiert. Aber wollte unbedingt wieder irgendwas machen. Er war richtig hungrig auf dieses Projekt. Letztendlich war er immer der erste und der letzte im Studio. Jeden Tag.

Ich hab ja selbst fast nicht mehr daran geglaubt, aber nun bin ich doch auch überrascht. Habt Ihr noch mal mit so einem großen Medieninteresse gerechnet? Vor allem das Positive?
Wir mussten der Öffentlichkeit erstmal ein wenig auf die Sprünge helfen. Dies ist eine ziemlich durchdachte Platte. Das sind keine langweiligen Popsongs, das ist nicht Britney Spears' Toxic, das ist keine Volksverarschung. Das ist kein debiler PunkPop. Es ist irgendwie größer als alles andere, was wir bisher gemacht haben und ich denke, das kann jeder fühlen. Es lässt Dir die Haare im Nacken zu Berge stehen. Da gibt es eigentlich keine Erklärung für. Keine Formel. Das hatten wir 10 Jahre lang nicht. Es ist einfach fantastisch.

Zum Album gab es auch so eine nette Beigeschichte. Wer hat die geschrieben?
Ach diese Geschichte, wo der Typ da stirbt und erzählt: “Damals 2004, ich erinnere mich…“. Die ist großartig, stimmt. Wir waren einfach kreativ. Billie malt auch manchmal. Es ist so was wie eine Erzählung. Denn wenn Du Dir nur die Texte durchliest kann das schon manchmal etwas langweilig sein. Aber wir haben noch eine Version des Albums mit vielleicht 10 oder 20 Extraseiten. So mit Zeitungsausschnitten und Briefen. Sie sieht aus wie eine DVD. Sie ist größer und es sind auch mehr Bilder drin. Das ist wirklich cool und es macht auch das Album interessanter als ein normales Textblatt…

Es sieht momentan so aus, als ob ‘American Idiot' erfolgreicher als ‘Dookie' werden könnte. Denkst Du das auch?
Hmmh. Mal sehen. Das wird die Zeit zeigen. Wir haben auf jeden Fall schon mal einen besseren Start hingelegt. Das ist die größte erste Woche, die wir je für ein Album hatten. Ich glaube, es sind jetzt 1,5 Millionen in einer Woche gewesen. Es ist wirklich großartig. Aber wir müssten noch ein wenig aufholen, weil ‚Dookie' schon bei 30 Millionen liegt. (lacht) Also bräuchten wir noch 30 Wochen wie diese. Das ist fast ein ganzes Jahr. Wir werden sehen…

Ist es jetzt nach all dem auch wieder mal schön, auf die Bühne zu kommen und nicht jeder will gleich die alten Stücke wie ‘Basket Case' etc hören?
Ja, das ist großartig. Wir haben sie jetzt auch schon gespielt, bevor das Album raus gekommen ist. Wir konnten einfach nicht warten. Allerdings sind sie auch ziemlich schwierig zu spielen und so ist es wenigstens eine gute Übung. Meine Arme werden gerade immer breiter. Wie fucking Arnold Schwarzenegger…

Ist es hart, in einer Zeit wie dieser ein Album wie ‘American Idiot” in Amerika zu veröffentlichen?
Ich weiß nicht. Wir haben Amerika gerade verlassen, als das Album erschien. Wir sind nach Europa gegangen. Tja, und wenn wir jetzt zurückkommen, werden wir wohl entweder als Helden empfangen oder gesteinigt. Keine Ahnung, Wir müssen sehen. Aber ich denke schon, dass wir noch Willkommen sind. Sie ist schon etwas gefährlich, die Platte. Ich denke einige Leute werden schon ganz schön aufgeschreckt sein.

Und wer wird nun letztendlich die Wahl gewinnen? Bush oder Kerry? Ihr wart auch mit einem Song auf der ‘Rock against Bush' Compilation vertreten…
Ich hoffe mal Kerry. Ich denke, er kann es schaffen. Die Leute wissen, dass Bush ein Kriegsverbrecher ist. Er ist gegen die UN vorgegangen. Dieser Cowboy hat Menschen getötet und stielt Öl. Das ist offensichtlich…

Und ist Kerry die bessere Wahl?
Oh ja. Er erkennt wenigstens die Probleme. Er unterstützt nicht den Krieg. Er hat auch nicht diese Verbindungen wie George Bush sie hat. Firmen wie Hellaburton und Enron und andere Ölfirmen in Texas und so weiter. Sein Kapital ist Ketchup. (lacht) Er ist der Ketchup-Guy. Der Tomatensaucen-Mann. Er produziert sozusagen künstliches Blut und kein echtes. George Bush repräsentiert das wirkliche Blut und Kerry eben Ketchup. KETCHUP OVER BLOOD !!!

Hehe. Na dann soll es so sein. Hoffentlich. Wann kommt Ihr wieder nach Deutschland?
Im Februar wahrscheinlich. Da werden wir eine kleine Tour machen. Wir werden aber wahrscheinlich in kleineren Hallen spielen und es etwas kompliziert machen, die Tickets zu kaufen. Wir werden nicht in der Deutschlandhalle oder so spielen, obwohl es eine nette Location hier in Deutschland ist. Aber bei der nächsten Tour wird alles ein wenig kleiner ausfallen, weil Deutschland schon etwas Besonderes ist. So mit mehr Hysterie. Die Fans sind einfach verrückter, wenn die Halle kleiner ist. Also haltet die Augen auf und erkundigt Euch nach den Tourdaten…