Madlocks

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Ich habe mich verliebt. Das passiert selten. Und noch seltener, wenn es sich dabei nicht um eine schöne Frau handelt, sondern um eine Band voll stinkender alter Männer. Ooops, naja gut, eine Frau ist auch dabei und o.k., sooo alt sind sie nun auch wieder nicht, aber das tut jetzt hier nichts zur Sache… Viel wichtiger ist, dass Berlins äußerst vielseitige Musikszene wieder mit einem neuen Stern am Himmel aufwarten kann. Den MADLOCKS. Blöd nur, dass sich niemand so recht darum kümmert. Bei viel (schlechter) Musik stumpft man natürlich auch ein bisschen ab und verliert den Blick für gute Sachen. Dem will ich hiermit Abhilfe schaffen und Euer Augenmerk auf eine Band richten, die es wirklich verdient hat, gehört zu werden. Braucht Ihr Vergleiche? Nun gut, da gibt es eine Menge - aber findet sie selbst heraus… Gerade haben sie im berühmten Soundwerk Orange Studio zu Berlin (natürlich) mit Peter Oz die Aufnahmen zu ihrem ersten Longplayer abgeschlossen. Nur - bisher gibt es nicht wirklich ein interessiertes Label, welches sich den überaus sympathischen 4 Leuten annehmen will.

Auch dies will ich hiermit ändern. Macht Euch einen Bild von einer der Besten Bands momentan überhaupt. Ich bin mir sicher, dass man demnächst noch etwas von ihnen hören wird. Und wenn nicht, bin ich mir sicher, dass die Welt schlecht ist. Übergangsweise reicht auch erst mal ein Blick auf ihre Homepage (www.madlocks.de). Und nun viel Spaß. Die Namen der Beteiligten: Tripper: Gesang + Gitarre (T), Radde: Bass (R), Anke: Drums (A), Vorkoester (Robert): Gitarre (V)…

Für alle, die Euch noch nicht so richtig kennen. Wer seid Ihr denn, wie lange gibt es Euch schon, Besetzungswechsel, etc…
R: Also ich bin der Radde. Ich spiel Bass bei den MADLOCKS und mich gibt’s seit ´77. Aber Deine Frage war wahrscheinlich, wie lange es die MADLOCKS gibt. Und das ist jetzt 5 ½ Jahre her.
T: ´78 hat seine Mutter ihn ausgetauscht… (lacht) Das war der erste Wechsel bei uns… Ich bin der Tripper. Ich sing und spiel Gitarre.
A: Ich bin die Anke, mich gibt es seit ´79…
V: Anke hat zwar nicht gesagt, was sie bei uns macht, aber sie spielt ´n bisschen Schlagzeug. Und ich bin der Robert, mich gibt es seit ´76 und ich bin der zweite Gitarrist bei den MADLOCKS.

Habt Ihr vorher schon in anderen Bands gespielt?
V: Ich spiele noch bei VOLXSTURM. Auch Gitarre. Andere Projekte habe ich zwar auch schon immer gehabt. Aber nichts Ernsthaftes. Immer nur VOLXSTURM und MADLOCKS.
R: Ich habe früher nur bei MAUL HALTEN! gespielt. Schöne Oi!-Band.
T: Ein Wort und schon ist alles gesagt. Und ich habe nichts zu sagen.
A: Ich habe vorher bei GRANDMOTHERS SUICIDE gespielt. Das war so’n Rumpel-Schulband-Schrammelpunk. Das waren 3 Weiber…
T: Ahh, ich hab dock noch was zu sagen. Ich hab bei ROLANDO RANDOM & THE YOUNG SOUL REBELS gespielt. Die Berliner SKA-Hoffnung. Da habe ich Gitarre gespielt. Schleim… (Roland läuft gerade vorbei, nachdem er im Studio das Saxophon eingespielt hatte…). Sonst in ein paar Kellerbands, was aber keine Sau interessiert…

Ich habe gelesen Tripper, Du kommst ursprünglich aus Schwerin. Was hat Dich denn von da weggetrieben? Kommt der Rest von Euch auch daher? Wie kam es zu Eurer Zusammenstellung?
T: Ja, Robert und ich kommen aus Schwerin. Wir sind sogar mal zusammen auf eine Schule gegangen. Ironischerweise haben wir uns erst hier kennengelernt. In Schwerin hatten wir nie was miteinander zu tun gehabt. Dann hat es ihn jobmässig aus Schwerin weggetrieben. Und mich wegen des Studiums. Und dann hat man sich irgendwie in Schwerin wieder gefunden, als man mal zu Hause war, in der Kneipe abends und sich gefragt hatte, ob man nicht irgendwie mal Bock hätte. Dann hat man ein halbes Jahr miteinander telefoniert nach der Art: „Wie müssten doch mal…“ und „Wollen wir nicht mal..“ und das jeden Monat… Irgendwann hat es dann mal geklappt und so haben sich die MADLOCKS dann 1999 gegründet. Aber das fragst Du bestimmt auch, deshalb erzähl ich das gleich mal so…
R: Ich war zu haben, Robert war zu haben… Anke wollte keiner. Da haben wir gedacht, sie hat sich im Proberaum geirrt, aber wir haben sie behalten…

Was ist der Grund dafür, dass man von den MADLOCKS bisher so wenig gehört hat?
T: …Die Ignoranz der Leute… Nichts anderes. Nein…kein Label will uns. Was ich nicht verstehe und alle anderen irgendwie auch nicht verstehen. Alle sagen immer – „Iss ja schön, aber machen wollen wir es nicht…“ Ja und mit spielen ist es eher ein zeitliches Problem wegen Roberts Job letztenendes. Bei mir war es im Studium nicht so ein Problem. Ist halt ein Studium wie jedes Andere auch, also von daher… Bitte keine Ehrfurcht.
R: Und das Kind…
T: Ach ja, wir haben ja Kinder gekriegt. Also die beiden (Radde und Anke) haben ein Kind bekommen. Und ich habe irgendwie auch „werfen lassen“ – sozusagen… (lacht)…

Das war jetzt aber nicht politisch korrekt. Robert, Du spielst noch in einer Zweitband mit, VOLXSTURM. Ist es da nicht manchmal schwierig, Prioritäten zu setzen? Läuft das gleichzeitig, oder hast Du da Deinen Favoriten, wenn was brennt?
V: Wenn was brennt. Ja das ist ne ganz schwierige Entscheidung. Bis jetzt ist es zum Glück noch nicht passiert, dass ich ne komplette Entscheidung machen musste. Ganz schwer zu sagen. Aber mit VOLXSTURM mache ich jetzt mindestens seit 12 – 13 Jahren Musik, von daher müsste ich ihnen wohl eher den Vorrang lassen, zumal wir auch unter einem großen Label stehen – DSS Records – und jetzt auch Auslandsgigs machen. Von daher müsste ich wohl eigentlich schon… Aber zum Glück ist das bis jetzt noch nicht passiert und ich sehe beide Bands gleichwertig für mich, weil das sind zwei verschiedene Sachen.

Die Band ist aber noch in Schwerin?
V: Ja, das ist auch ´ne ganz witzige Sache – weil ursprünglich stammen wir aus Schwerin. Aber da lebt nur noch der Drummer und der Rest ist in ganz Deutschland verteilt. Und wir treffen uns nur noch jeden Monat oder alle zwei Monate zu einer Probe in Schwerin… Also es ist schon schwer genug. Aber wie gesagt, ich mach das trotzdem noch weiter, solange ich kann…

Stehen da wenigstens genug Häuser leer, dass man kostengünstig proben kann?
V: Nee, überhaupt nicht, man wird da nicht großartig unterstützt. Früher gab es Jugendhäuser, die sind zum Teil gar nicht mehr vorhanden oder so eingeschlossen, dass man keine Proberäume mehr bekommt. Wir haben das Glück, dass wir von FIRST ARSCH den Sänger Steve kennen. Aus der Band stammen auch einige RAMMSTEIN Leute… Der hat sein Haus dort und seine Kellerräume stellt er Bands als Proberäume zur Verfügung. Das ist unser Vorteil.

Radde ist dafür Hauselektriker(?) beim WILD AT HEART. Da spielt Ihr auch öfters. Im Oktober letzten Jahres war es das 18. Mal. Wann feiert Ihr dort Jubiläum- „20 x im WILD AT HEART“ oder so?
T: Ich glaube, es waren etwa 15. Ich habe letztens mal nachgezählt…
R: Also, ich bin zwar nicht der Hauselektriker vom Wild at Heart, das ist der Rolf,
aber ich stehe da gerne beratend und Bier vernichtend zur Seite… .Zu den Konzerten,
zwei haben wir dieses Jahr definitiv noch im WILD AT HEART. Das erste ist am 14./15. Mai. Da ist „10 Jahre Wild at Heart-Party“. Sind alle Leute recht herzlich dazu eingeladen. Es gibt freien Eintritt und haufenweise Bands. Ja und ein Liverecording steht dort demnächst auch an.

Und ´ne Recordreleaseparty…
R: Ja, ´ne Recordreleaseparty muss natürlich auch irgendwie noch sein. Also wenn wir es noch schaffen, so was unterzubringen, dann ist das sicherlich im WILD AT HEART.

Ich muss jetzt mal, ohne zu schleimen sagen, dass Ihr unglaublich geil ward, damals im Oktober. Und auch Eure bisherigen Demos hauen mich immer wieder aus den Socken. Manche Leute scheint das auch mächtig zu beeindrucken. Im Gästebuch gibt es immer wieder positive Stimmen, Ihr werdet ziemlich gelobt und schließlich habt Ihr jetzt auch auf dem PUNK & DISORDERLY gespielt. Hat das was damit zu tun, oder hat sich das einfach nur so ergeben?
T: Nee, das ist eher über Kontakte, also MAD passiert, mit denen wir auch schon mal im Gespräch wegen einer Platte gestanden haben, was aber damals nicht funktioniert hat, weil die Vorstellungen einfach nicht zusammengepasst haben. Die haben uns aber angerufen, als ´ne Band ausgefallen ist. Wir sind denen also auch etwas im Gedächtnis geblieben, über das Demo. Die haben uns also dann angerufen, weil die CRUSADERS irgendwie ausgefallen sind. Die wurden in die rechte Ecke gesteckt oder so – keine Ahnung… und durften deswegen auch nicht spielen. Und dann waren wir eben die nächsten, die gefragt wurden und deshalb konnten wir da spielen…

Und da ist auch keiner auf Euch zu gekommen, der Euch irgendwie gut fand? Wegen Platte und so?
R: Also auf uns zu kommen fast immer Leute und sagen das sie uns gut fanden (so wie du), leider ham die immer nur gefragt ob wir schon ne Platte rausgebracht haben, waren wohl die falschen Leute…
T: Aber wir ham 2 Demo´s abgesetzt !!! Festivals sind immer was anderes als Gigs in kleinen Clubs. Die Hemmschwelle eine Band/Bandmitglieder anzusprechen, ist da definitiv höher.

Würdet Ihr die Platte notfalls auch selbst rausbringen?
T: Also notfalls ja, aber wenn es ein Label machen will, dann ist das auf jeden Fall erste Wahl. Klar. Und zur Not… - Also ich plane meine eigene Berufstätigkeit zur Mitte des Jahres hin und wäre dann auch ausreichend liquide, um das selbst zu machen. Mir fehlt natürlich voll die Erfahrung, also der Labelbonus einfach. Aber wenn alle Stricke reißen und sich bis zum Ende des Jahres nichts ergeben hat, dann machen wir das einfach selber. Müssen wir noch schauen, wie und wo und warum.

Aber Ihr hattet doch schon mal eine 7“ veröffentlicht. Auf STREETMUSIC. Wäre das nicht vielleicht noch eine Möglichkeit?
T: Ui, leidiges Thema. Der Ralf… Ralf ist eigentlich ein ganz lieber. Aber irgendwie hat das alles nicht ganz hingehauen. Und mehr dazu zu sagen heißt immer ein bisschen die Leute gegen sich aufzubringen und das wollen wir auch nicht.
V: ´N heißes Thema…

Stichwort touren. Das Problem der meisten Berliner Bands ist, dass sie nicht über die Grenzen Berlins hinauskommen. Gibt ja genug Clubs hier. Seid Ihr denn wenigstens gut unterwegs? Wohin verschlug es Euch schon?
A: Also wir sind schon ein bisschen rumgekommen. Wir waren jetzt in Rathenow, zwei mal in Wegeleben, Hamburg waren wir, Schwerin soll bald kommen, Neustreelitz, Rollenhagen… Ja, aber ich denke mal, das wird jetzt schon langsam mal alles kommen und klappen. Hehe Rollenhagen, das war wirklich so ein kleines Dorf mit Feldsteinkirche, da haben wir auf so einem kleinen Minifestival gespielt. Aber das war schön. Ja, das war sehr gut… (lacht)
T: Das Problem ist, dass es meist nicht so viel Geld gibt. Aber wir müssen einen Bus mieten. Das finanziert sich ja nicht von selbst. Und von uns hat keiner ein großes Auto…
A: Wenn man das Geld hätte, würde man sich ja was Größeres kaufen. Aber als Student ist das immer so ein bisschen schwierig. Aber wie gesagt, es gibt meist nicht so viel Geld, die Leute haben auch nicht so viel Geld. Und ob man da nun soviel Geld raufpacken muss, um da nun auswärts zu spielen…? Ist immer ein bisschen schwierig. Dann haben wir eben kein großes Auto. Mit 2 Autos fahren ist auch schon wieder dank der Spritkosten nicht so einfach. Manchmal muss man da ja auch irgendwie übernachten

Ist das dann auch ein Problem, wenn man nicht oder wenig live spielt, die Plattenfirmen auch wieder unsicher sind, dann einen aufs Label zu nehmen?
T: Ich denk eher nicht. Ich mein, wenn Du auf Dörfern spielst, da kommt ja auch halt bloß die Dorfjugend. Die Leute von den Plattenfirmen gehen ja eher zu den größeren Festivals. Aber da wieder reinzukommen ohne Plattenvertrag – da hast Du keine Chance… Das ist echt irgendwie ein Teufelskreis. Du kommst aus dieser Scheiße einfach nicht raus, wenn Du keinen hast, der dich pusht… Keine Veröffentlichung - keine großen Auftritte. Keine großen Auftritte - keine Veröffentlichung.

Naja gut, ich meinte das auch eher so, dass man sich wohl eher den Arsch VORHER abtouren muss, dass irgendwie jemand auf einen aufmerksam wird. Und sei es auch nur der kleinste Club im kleinsten Kaff…
R: Ja, würden wir auch gerne machen – und machen wir auch schon. Wenn Angebote da sind, sind wir garantiert nicht abgeneigt in Magdala, Annaberg-Buchholz oder Darmstadt zu spielen, die Kosten müssen nur gedeckt sein. Ist nun mal nicht alles umsonst, Auto, Benzin, Essen, Penne usw... Dann biste für ein schönes Konzert nach da und da gefahr´n hast 100 € eingenommen und zahlst letztendlich Mietwagen und Sprit aus der eigenen Tasche.
T: Um auf einem Label zu landen? Nur bedingt. Im kleinsten Club im kleinsten Kaff kann man meist deswegen nicht spielen, da es sich schlicht und ergreifend nicht rentiert - Stichwort Kostendeckung. Wenn wir alles mitnehmen würden was ginge, würden wir 1) die Hälfte der Gigs umsonst spielen und 2) dann ganz schnell bankrott sein. Manchmal kriegt man aber auch echte Kacke angeboten. Iss ja nich so, dass wir das fette Cathering wollen und unbedingt die Hauptband sein wollen, aber in einem Vorortjugendclub als erste Band für´n Kasten Bier...Das ist ein paar Jahre nötig wenn man anfängt um zu wissen wie der Hase läuft. Aber irgendwann hat man darauf keinen Bock mehr. Meist ist bei solchen Sachen die PA scheiße, es sind kaum Leute da und so weiter. In der Regel sind solche Gigs immer sehr anstrengend, weil einfach nix passt und kein rechter Spass aufkommen will.

Tripper, Du hast mir mal erzählt, dass ein Text darüber handelt, dass wenn man unterwegs ist mit der Band, man immer älter wird, dass Publikum aber doch immer gleich jung bleibt. Wie kommt Ihr damit klar?
T: Also ich muss mich für meinen Teil danach immer hemmungslos betrinken. Und wie geht’s Dir Radde?
R. Ich muss mich davor betrinken! Das ist viel schlimmer… (lacht). Nee, ach, mein Gott. Ich war selbst mal so alt. Das ist Punkrock… Das ist geil. Mir macht das immer noch Spaß. Und das ist das Wichtigste, denke ich.

Wovon handeln sonst Eure Texte und wer schreibt die?
R: Da kann ich das Mikro gleich mal wieder an den Tripper zurückgeben, der die Texte meistens erst im Studio schreibt, wie Du heute mitgekriegt hast.
T: Ja, das bleibt an mir hängen irgendwie. Komischerweise.

Und wovon handeln die?
T: Hmmh, schwer zu sagen. Selber lesen macht schlau… Nee, kann ich echt nichts zu sagen. Also die Themenvielfalt ist einfach vorhanden. Das ist zu breit gefächert, um zu sagen, es geht nur um ficken, Fußball, Alkohol. Sondern man versucht sich schon so irgendwie Gedanken zu machen, zu reflektieren, was so passiert. Und ich hoffe, dass wir uns nicht in irgendwelchen Klischees bewegen, sondern dass es darüber hinausgeht. Also einfach gucken.

Bei der „Arbeitsweise“ scheint es aber so, dass die Musik eher vor dem Text kommt. Letztere also eher zweitrangig sind, ist das so?
T: Nö. Zeitlich gesehen stimmt die Aussage völlig, aber die Texte sind genauso wichtig. Die Musik ist immer zuerst da, in der Regel singe ich dazu dann den Busfahrplan oder die neue Aldi-Preisliste. Die Texte brauchen deshalb immer länger, weil ich einfach keinen Schwachsinn absondern will. Da schreibt man vieles - zum Teil mehrmals - um.

Mal ganz so nebenbei. So wie ich das mitbekommen habe, bist Du für so ziemlich alles verantwortlich. Bist Du so was wie der „Band-Hitler“, oder haben die andren auch was zu sagen? Wie entsteht ein typischer MADLOCKS - Song?
T: Naja die anderen begrüßen mich immer mit „Ave Tripper“, also jetzt wo Du es sagst....höhöhöhö. Nein, wir sind die reinste Basisdemokratie, jeder hat seinen Senf dazuzugeben - nur weil ich die Songs mach heißt das nicht, dass die Band nichts dazu sagt: wenn was schlecht ist bekomme ich das immer ziemlich ungefiltert... Wir suchen zusammen das heraus, was es wert ist, zum kompletten Song gedrechselt zu werden. Es verhält sich so, dass die Grundideen für die Songs (sprich Refrain+Strophe) von mir kommen - arrangiert wird dann immer zusammen, d.h. jeder bringt sich mehr oder weniger ein. Nichtsdestotrotz gibt es immer wieder Songs die komplett zusammen entstehen. Du hast ja gesehen, dass auch Robert ein paar Songs singt - der Gesang ist dann meist auch von ihm.

Fußball könnte ja aber fast ein Thema sein, oder? So wie ich das mitbekommen habe, bist Du, Radde, Union-Berlin Fan. Wär das nicht mal ein Thema? Wie ist es denn dazu gekommen?
R: Die Überlegung war schon mal da ´nen Song in der Richtung zu machen, da außer mir auch Anke und Robert ausgesprochene Liebhaber der Köpenicker Fußballkunst sind. Ist allerdings auch wieder riskant sich an so´ne Sache ranzuwagen, ist halt nicht jeder Fan vom 1. FC UNION BERLIN. Nicht das ich nirgends anecken will, ich hab einfach keinen Bock auf Clubgesänge à la St. Pauli auf unseren Konzerten. Gibt auch einfach nur Stress…
Zu Union bin ich eigentlich durch meinen Opa gekommen, der hat mich 1984 das erste mal mitgeschleppt, tja und seither ist das nun mal so, mit allen Höhen und Tiefen…

Ihr hab den Song „Good Night - White Pride“. Was haltet Ihr von dieser Bewegung? Wie wichtig ist die für Euch. Engagiert Ihr Euch sonst noch politisch, oder beschränkt Ihr das, wenn überhaupt, auf die Band? Oder schließt sich das sogar aus?
V: Als Band stellen wir uns auf jeden Fall auf keine politische Richtung ein. Absolut nicht. Der Song „Good Night - White Pride“ hatte eigentlich, im Grunde genommen, nichts mit dieser Bewegung zu tun. Die Aussage an sich war nur interessant. Moralisch unterstützen wir sicher die Geschichte, aber jetzt so sagen, dass wir diese Bewegung, die Leute, die das machen, mit denen komplett in Kontakt stehen, das ist gar nicht da. Das ist einfach ´ne gute Aussage, die gerade reinpasste in das ganze Thema. Und daher haben wir den Song auch so benannt. Aber uns in irgendeine politische Richtung zu stellen, auf keinen Fall. Das mach ich auch mit VOLXSTURM nicht. Jeder hat einfach seine eigene politische Meinung. Aber auf keinen Fall würden wir in irgendein Extrem abdriften…
T: Also gerade in der Oi!-Ecke ist es ja immer sehr verbreitet, „Unpolitisch“ mit „Toleranz gegenüber Rechts“ zu verwechseln, da war einfach mal ein klares Statement fällig.

Musikalisch würde ich sagen, habt Ihr viel SEX PISTOLS und anderen alten englischen Kram gehört. Was hat Euch sonst noch beeinflusst - oder tut es momentan?
R: Ich komme ja aus dem Punkrockbereich. Hab das jahrelang gemacht. Hab mich dann irgendwann in Hardcore reingesteigert… Jetzt ist es mittlerweile so schlimm, dass ich wieder Punkrock höre UND Heavy Metal, was ´ne ganz brisante Mischung ist. Aber die macht einfach Spaß.
T: Ganz richtig, da spielt viel alter England-Krams mit rein, die Pistols sind für mich nach wie vor eine DER Punkbands. Ich persönlich bemühe mich viel über den Tellerrand zu schauen, irgendwo müssen die Ideen ja herkommen...

Anke ist Eure Schlagzeugerin. Einige Leute scheinen ja manchmal, leider auch auf Punkrockkonzerten, nicht so viel von Respekt dem anderen gegenüber zu halten. Gab es da schon mal Probleme auf Konzerten von wegen sexistischer Äußerungen usw…?
A: Meinst Du jetzt von den Bandkollegen oder vom Publikum (lachen). Nee, eigentlich habe ich, ohne Quatsch, nur positive Resonanz bekommen. So in der Art - "Ach ist ja toll, dass auch mal ´ne Frau, gerade am Schlagzeug, auch mal so ´ne Art Musik macht“. Aber mir ist das immer in bisschen peinlich. Es bringt einem immer so das Gefühl - o.k., man kann ja doch ein bisschen was. Nee, sonst habe ich vom Publikum fast immer nur positive Resonanz gekriegt.
T: Anke…Barmy Army…Anke….
A: Einmal habe ich im Publikum sich zwei Mädchen unterhalten gehört. Das war noch ziemlich am Anfang. Da hat die eine zur anderen gesagt: „Guck mal, das ist doch bestimmt die Bandnutte…“. Da habe ich gedacht - Ooops. Scheiße.
R: Meine Bandnutte!

Eure Homepage wurde einige Zeit recht stiefmütterlich behandelt. Jetzt scheint sich da aber nun doch was zu regen - oder war das nur mal kurz ein Update, das die Leute Euch nicht ganz vergessen? Wer macht die eigentlich?
T: Ich weiß nicht, wann Du zuletzt drauf gewesen bist. Ich mach die Seite zu Hause. Und na ja. Ich war blutiger Anfänger und hab mir das alles selbst aneignen müssen. Ist ja doch nicht sooo einfach, wenn man es vernünftig machen will. Von daher war die erste Version schon was, was man schnell zusammenschustern konnte. Vor über einem Monat habe ich aber eine neue Version rein gestellt. Ist zwar immer noch nicht alles vollständig. Aber ich bin dran. Es wird jedenfalls kontinuierlich gemacht. Ich schaffe immer nur ein bisschen, weil ich es halt abends machen muss. Und die bringt auch was. Wir hatten zuletzt ´nen Besucherzähler reingebastelt du wir hatten jetzt im Februar knapp 200 Besucher. Davon kann man 20 Besuche von mir abziehen. Aber sonst… Jedenfalls tut sich da was. Und man merkt es schon, wenn man irgendwo ´nen großen Gig hatte, gehen automatisch die Besucherzahlen nach oben. Das merkt man schon, dass die Leute, auch wenn sie das Demo nicht kaufen, auf die Seite gehen und sich einfach mal umschauen, ob es da was gibt. Ob man sich kostenlos was runterladen kann…

Das Wichtigste ist und bleibt ja aber wohl die Musik. Ihr seid jetzt ja im Studio, um neue Songs aufzunehmen, die dann letztlich auf der Platte erscheinen sollen. Das Demo gibt es ja aber auch noch. Wieviel kostet das und woher kann man das bekommen? Sind das auch die Songs, die letztendlich auf Album kommen oder ist das was anderes?
T: Also wir machen da einen Freundschaftspreis. 2,50 das Demo. Maximal 3€, wenn wir in ´nem Club spielen, wo ‚Rich Kids’ unterwegs sind (lacht). Ich hab ja vorhin dazu schon was gesagt. Aber ich sag’s noch mal. Der Plan ist einfach, die bestehenden Aufnahmen vom „Pretty….bored“-Demo zu komplettieren. Das sind dann insgesamt - wir machen da einen Bonussong von der Streetmusic-EP noch mit rauf - 17 Songs mit einer Spielzeit von ca. 35 Minuten, was für ein Album ausreicht. Und was Label und Veröffentlichung anbelangt, schauen wir einfach. Wir würden es gern dieses Jahr noch machen, auch gern sofort, wenn es irgendwie geht. Aber mal sehen.

Gern auch auf Vinyl?
T: Sowas von gerne :)

Und was kann man da sonst so erwarten? Außerdem hat mir Radde gerade erzählt, es kommt ein Saxophon zum Einsatz. Wer spielt das? Und kann man sonst noch „exotisches“ erwarten?
R: Nacktfotos von mir…
T: Echt? Das ist ja widerlich.
R: Ja, wenn es sein muss, wenn es sich besser verkauft…
T: Na gut - Aber NUR wenn es sein muss. Hehe. Nein, also das ist der Roland von ROLANDO RANDOM & THE YOUNG SOUL REBELS. Die habe ich einfach gefragt. Und die haben ihn uns ausgeborgt. Ich wollte das unbedingt mit rein haben. Es hat aber auch gut gepasst, muss man ganz ehrlich sagen. Das Stück ist von Bert Brecht/Kurt Weil aus der Drei Groschen Oper - Mack the Knife. Da haben wir ´ne MADLOCKS-Version draus gebastelt. Es ist ein bisschen umgeschrieben, nicht ganz 1 zu 1 kopiert. Wir haben da noch eine kleine Jazzgitarre, die der Robert zu spielen versucht und das Saxophon noch mit hinten ran gemacht. Und ich finde, das - naja nicht experimentell - aber doch nicht mehr nur „Schraddel Schraddel Oi! Oi! Oi!“, sondern man merkt schon, dass sich die Band entwickelt, dass man ein bisschen rumprobiert, sich fragt, was man machen kann, was interessant klingt. Man will ja auch nicht immer nur dasselbe machen. Du willst den Leuten ja auch was bieten.

Was habt Ihr schlussendlich jetzt noch so vor in diesem und den nächsten Jahren Touren, touren, touren? Würdet Ihr für die Band Eure „eigentlichen“ Jobs aufgeben?
T: Also bis Ende nächsten Jahres will ich meine erste Million haben. Und Du?
R: Also ich würde meinen eigentlichen Job sofort aufgeben. Würde ich sofort machen. Für die Band.
V: Dann hätteste ja auch endlich Arbeit. (alle lachen)
R: Ja, dann ist Hartz IV Vergangenheit, aber nee, ich hoffe, dass wir verstärkt spielen. Auch außerhalb von Berlin. Aber auch in Berlin. Das möchten wir auch nicht vernachlässigen, weil es einfach rockt und Spaß macht. Ohne Ende. Berlin ist immer schön. Deswegen leb ich ja auch hier und wird hier auch nicht weggehen.

Das Berliner Publikum soll schwierig sein…
R: Ich mag es. Ist wahrscheinlich auch die Mentalität der Leute. Wenn man unbekannt ist.
T: Man kennt es ja. Als wir früher in Schwerin unterwegs waren, war es auch so. Da hieß es, am Wochenende ist Punkkonzert und dann waren halt alle da. So ist das auf’m Dorf. Bloß hier in Berlin hast Du so ein breites Angebot, dass die Leute überall hingehen und halt auch viele Sachen sehen und dann natürlich auch kritisch sind. Das merkst Du dann auch in der Resonanz. 0815-Mucke wird dann auch mit 0815-Reaktion gestraft.

Ja dann danke ich Euch sehr für die Beantwortung der Fragen. Und viel Glück für die Zukunft…