TV Smith

Sie sind hier

Tim Smith, besser bekannt als TV Smith und Sänger der legendären ADVERTS ist einer der eindrucksvollsten Menschen, die ich je getroffen und live gesehen habe. Als ich ihn das erste Mal live sah, in einem kleinen - aber restlos ausverkauften Club, dem Wild at Heart in Berlin, konnte ich es kaum glauben, wie es jemand auf der Bühne schafft, allein durch seine Akustikgitarre, seiner Persönlichkeit und seinen Songs soviel Power auszustrahlen und Ehrlichkeit rüberzubringen, daß mir ein kalter Scheuer über den Rücken lief. Das schafft manche Punkband der heutigen Zeit mit meinetwegen 3 Gitarren nicht. Ein Erlebnis, daß einen bleibenden Eindruck bei mir hinterließ

Dafür bin ich einer gewissen Combo aus Düsseldorf, die (wohl) gern dem Altbier frönt und leider aber auch zu jedem x-beliebigen Thema was zu sagen hat und ihr „Wort zum Sonntag“ abgibt, recht dankbar. Ausnahmsweise. Denn sie waren es erst, die ihn hier in Deutschland zu einem höheren Bekanntheitsgrad verhalfen und mich dazu brachten, mich näher mit ihm auseinanderzusetzen und für seine Solosachen zu interessieren. Mit ihrem Album ‚Learning English - Lesson I', wo sie mit TV den alten Klassiker ‚Gary Gilmore's Eyes' neu aufnahmen ging es los. Dann, im Jahre 2001, erschien das ‚Best Of' Album, mit seinen größten Songs und den HOSEN als Backingband. Ich dachte zuerst: ‚Oh Gott', aber erstaunlicherweise hielt sich Campino am Gesang ausnahmsweise mal vornehm, mehr oder weniger, im Hintergrund.
Naja, jedenfalls besorgte ich mir dann alles Mögliche von ihm. Bis auf 2 Alben, die leider mittlerweile vergriffen sind. Ob sie noch mal neu aufgelegt werden, steht in den Sternen. Nicht zuletzt an diesem Beispiel kann man sehen, wie gewissenlos die Musikindustrie mit Künstlern umgeht, die nicht gleich Millionen mit ihrem Debütalbum verdienen, welche sie meist auch nicht mal selbst geschrieben haben.

Egal. Ich schweife ab. Nach dem letzten Auftritt im Wild at Heart im November - der übrigens mitgeschnitten wurde und ein Song davon wohl auf der Compilation ‚That's life! At the Wild at Heart Vol. III“ erscheinen wird, fasste ich jedenfalls den Entschluss, dem Londoner ein paar Fragen (z.B. über oben angesprochene Themen) per eMail zukommen zu lassen. Schneller als erwartet, kam dann auch gleich die Antwort und es stellte sich heraus, daß TV auch so ein völlig korrekter Zeitgenosse ist.

Ansonsten kann ich jedem von Euch sein derzeitiges, noch aktuelles, Album ‚Not a bad day' bedenkenlos empfehlen. Habt Ihr eines der ersten beiden Alben bei Euch zu Hause rumzustehen - Schätzt Euch glücklich. Außerdem hat DIRTY FACES gerade frisch noch mal sein USELESS-Album, welches er mit den TOTEN HOSEN zusammen aufgenommen hat, auf fabigem, gesprenkeltem Vinyl veröffentlicht. Auf 525 Stück limitiert. Also haltet Euch ran. Denn seine Platten sind, wie gesagt, leider teilweise schon so rar, wie man Menschen wie ihn, leider auch nur trifft.

Hey TV. Du hast gerade Deine Tour beendet. Wie war's?
Yeah, es war wieder eine schöne Erfahrung. Mit jeder Tour in Deutschland, so scheint es, kommen immer mehr und mehr Leute zu kommen. Es war ein schöner Mix aus kleinen Sologigs und Auftritten in größeren Clubs. Jeder Abend war anders und die Atmosphäre war jedes Mal großartig.

Du hast auch gerade eine MCD veröffentlicht, die sich 'Xmas bloody Xmas' nennt. Wie kam es dazu. Wurde es bei Euch im Radio gespielt?
Soweit ich das mitbekommen habe, bekam es kein Airplay. Das war mir aber klar. Wenn ich sehe, was auf den ganzen Mainstream Radiosendern gespielt wird, kann ich mir gut vorstellen, daß es keinen Platz für den Song dort gab. Ich wollte sowieso eine Weihnachts EP machen, obwohl ich wusste, daß es nicht gespielt wird. Ich wollte mich über diese ganze Weihnachtszeit mal auslassen, welche sich wie immer über ein halbes Jahr hingezogen hat und wie sehr es zu einem kommerziellen Fest verkommen ist. Alles dreht sich nur um's Geld und die Gier und den unerbittlichen Druck, ohne Grund etwas zu kaufen und zu konsumieren. Ich fand das lustig, daß alles mal in einem Weihnachtssong zu verarbeiten. Wir haben nur eine begrenzte Stückzahl davon hergestellt und nun ist sie ausverkauft.

Der Songs ist ja sozusagen blutige Realität geworden, beim Blick auf das Seebeben in Thailand…
Naja gut. Das ist ein bisschen anders. Ich würde eine solche Situation nicht verspotten. Aber es ist schon wahr, daß wenn wir das Geld und die Anstrengungen, die wir in der Weihnachtszeit verschwenden, in etwas Nützliches stecken würden - zum Beispiel bei einer solchen Katastrophe zu helfen - allen geholfen wäre. Wichtiger ist auch zu sehen, wie die Regierungen sich brüsten, Millionen zu spenden. Das ist aber nichts im Vergleich zu den Milliarden, die sie in den Krieg stecken.

Du hast Deine letzte Platte namens 'Not a Bad Day' hier in Deutschland aufgenommen. Kann es sein, daß Du momentan hier erfolgreicher bist, als zu Hause in England?
Deutschland ist größer und besitzt ein besseres Netzwerk an Clubs als in Groß Britannien, daher verkaufe ich bei Euch auch mehr Platten und toure auch etwas mehr. Natürlich ist es auch mit ein Verdienst der TOTEN HOSEN, die mich wirklich unterstützt und etwas bekannter in Deutschland gemacht haben. Erfolg ist aber relativ. Ich bin in keinen Charts, Radios oder Fernsehen. Aber überall wo ich hinkomme, in jedem Land, wissen die Leute meine Songs echt zu würdigen und das ist mir wichtig. Da kommt wirklich was zurück, bei dem was ich tue. Keine gefakte Hysterie, nur weil mich jemand vielleicht auf MTV oder auf einer ganzseitigen Anzeige in irgendeinem Magazin gesehen hat.

Hey, ich hab Dich im Radio gespielt. Mehr als einmal. Vielleicht ist doch der ein oder andere deswegen gekommen… ;-)
Hey, Danke! Aber ich meine ja auch die Mainstream Medien. Nicht die, wo verschiedene Musikliebhaber noch die Chance haben, etwas zu beeinflussen. Was mich ärgert, sind diese großen Radiostationen, die Millionen von Menschen mit oberflächlicher, gekünstelter Musik bedudeln. Das meiste davon ist ja eh nur von der Industrie geschaffen worden, um Geld zu verdienen.
Generell scheinst Du Dich den Medien gegenüber kritisch zu verhalten. Ich habe relativ wenig Interviews mit Dir gefunden. Machst Du so was eher nicht so gern?
Es ist dasselbe wie mit dem Radio. Ich bekomme jede Menge Unterstützung von Fanzines und kleinen Musikmagazinen, welche von wirklichen Musikliebhabern und Fans gemacht werden. Dafür bin ich ihnen auch sehr dankbar & ich freu mich jedes Mal, wenn ich solche Leute treffe. Aber die Magazine, die wirklich auf die Leute Einfluss haben, die großen landes- oder weltweiten Magazine - die wollen eher nicht über mich schreiben.

Ich habe gelesen, Du hast eine Kunsthochschule besucht. Was würdest Du heute machen, wenn Du nicht ein Musiker geworden wärst? Was war Dein Traumberuf?
Als ich die Schule beendet hatte, habe ich ein Jahr auf dem Art College verbracht. Die meiste Zeit davon war ich aber beschäftigt, eine Band zu gründen und Konzerte zu organisieren. So habe ich, denke ich meinen ‚Traumberuf' gefunden.

Du hattest aber schon mit 15 Deine erste Band, oder?
Ja, das stimmt. Ich hatte schon Songs geschrieben, als ich noch zur Schule ging und versucht eine Band zusammen zu bekommen. Wir haben ein paar Mal während der Mittagspause in der Schulaula gespielt, dann ging es zurück zum Unterricht! Die Band, die ich aber auf dem Art College gegründet habe, war meine erste richtige Band. Wir haben ein paar Gigs gespielt und auch ein Album aufgenommen. Davon haben wir dann 50 Stück pressen lassen und es an Freunde verkauft.

Worin liegen aus Deiner Sicht die Unterschiede, in verschiedenen Ländern zu touren?
Es macht nicht wirklich einen Unterschied, in welchem Land ich spiele. Menschen sind überall gleich. Du hast nur kulturelle und sprachliche Unterschiede. Ich versuche wirklich so viele Länder wie möglich zu besuchen.

Gibt es eigentlich ein Land, wo Du gern mal spielen würdest? Was ist um Beispiel mit Brasilien? Einige deutsche Bands, die nicht mal hier so richtig bekannt sind, verschlägt es sogar dorthin. Man braucht nur den richtigen Kontakt. Und durch das Internet, denke ich, ist das doch gar nicht so schwer, oder?
Ich habe bisher noch nicht in Südamerika gespielt. Ich spiele gern in so vielen Ländern, wie möglich. Und wir Du schon sagst, ist das heutzutage gar nicht mehr so schwer. Es ist wichtig für mich, raus zukommen, neue Leute kennen zu lernen und neue Erfahrungen zu sammeln. Also würde ich gern mal dorthin. Mein größtes Hindernis ist allerdings die Zeit. Ich habe keinen Manager und organisiere alles selbst. Ich spiele, mache Platten und veröffentliche sie. Da gibt es so viel, was man tun kann und muss. Es gehört ein großer Zeitaufwand und jede Menge Arbeit dazu, um in einem neuen Land die Dinge ins Rollen zu bringen. Du musst erstmal die Basics schaffen und ein paar Mal dort spielen, bis die Leute anfangen, Dich zu kennen. Das bedeutet allerdings wieder, daß ich meine Touren in den Ländern einschränken muss, wo ich bisher immer aufgetreten bin. Wenn ich in neuen Ländern spiele, ist mir es am Liebsten, wenn es wie folgt aussehen würde – Ich bekomme ein Angebot eines lokalen Veranstalters der sagt: TV, wir haben ein paar Gigs für Dich, alles ist organisiert. Alles was Du tun musst, ist, Dich in ein Flugzeug zu setzen und herzukommen…

Aber wenigstens gehst Du ja jetzt im Februar (wieder) auf US-Tour…
Stimmt. Die Vereinigten Staaten sind auch ein gutes Beispiel. Vor ein paar Jahren, als ich das erste Mal in den USA war, kannte mich fast niemand und kaum einer kam zu den Konzerten der ersten Tour. Es hat eine Weile gedauert, daß sie mich kennen lernten. Letztes Jahr habe ich dann im CBGB's gespielt und es war ausverkauft. Ich habe nur die Ost- und Westküste besucht, aber es gibt immer noch viele Orte dort, wo ich noch nicht war. Das ist genau die Situation, wo mir ein paar Radios oder sonstige Medien wirklich helfen könnten, wenn sie nicht so sehr davon besessen wären, ihre nutzlosen ‚Big Business - Musikindustrie Bands' zu promoten. Sie könnten die Arbeit von Leuten wie mich, Musiker, die etwas echtes machen und am Rande des Business arbeiten, wirklich unterstützen. Für uns ist es das Grundlegende, rumzutouren, in leeren Clubs zu spielen, bis es sich herumspricht, sich die Leute gegenseitig CD's brennen, gelegentlich in Fanzines besprochen wird… Das kann ein langer Prozess sein und viele Bands geben vorher auf, weil sie denken, sie kommen nicht weiter. Eine Menge guter Musik geht daran oft verloren.

Ist es denn in England für die „alten“ Bands nur möglich, auf großen Events wie dem HITS und ähnlichen Veranstaltungen zu spielen? Was denkst Du darüber? Machen es die meisten der „alten“ Bands nur für das Geld?
Ja, für viele alte Bands ist es nur möglich, auf diesen großen Reunion-Festivals zu spielen. Und manche machen es vielleicht wirklich nur für's Geld. Aber ich denke, so viel können sie damit nicht verdienen, denn da gibt es nur ein paar von. Für mich sieht die Sache anders aus. Ich spiele das ganze Jahr über. Nicht nur die Festivals. Und ich spiele eben meistens meine Sologigs. Das bedeutet für mich, daß ich überall spielen kann, auch in kleinen Clubs und Pubs. Diese Auftritte sind für mich genauso wichtig, wie die Großen.

Wurdest Du jemals gefragt, nochmal mit den ADVERTS irgendwo aufzutreten? Und würdest Du?
Es gibt keine “ADVERTS” mehr. Wenn ich eine Band zusammenstellen würde, die sich die ADVERTS nennen würde, ware es ein Fake. Bitte fragt mich nicht, dies zu tun.

O.k. Aber gibt es trotzdem manchmal Anfragen?
Nein, nicht wirklich. Ich habe zu diesem Thema meine Ansichten deutlich gemacht. Naja. Jedenfalls ist die Hälfte der Leute, die zu meinen Gigs kommen noch nicht mal geboren gewesen, so ist das kein Problem.

Ich meine, Du hältst die Verbindung und die Frage stetig am Leben. Auf der ‘Xmas Bloody Xmas' finde ich wieder einmal eine Aufnahme von Dir mit alten ADVERTS-Stücken. Genau wie auf der USELESS-LP oder der Split EP mit PUNK LUREX O.K.-EP. Und Du spielst die Sachen eben auch live. Besonders ‘Gary Gilmore's eyes' usw… Ich hoffte eigentlich, daß ich irgendwas Unveröffentlichtes von Dir darauf finde. Und Du hast ja wohl mehrere Songs, die bisher nie veröffentlicht wurden. Wäre das nicht eine gute Chance gewesen, das mal zu tun?
Ja natürlich halte ich die Verbindung am Leben. Sie ist ein Teil von mir. Ich habe die Songs geschrieben und ich möchte sie auch spielen. Aber ich möchte sie auf ehrliche Art und Weise spielen. Nicht mit einem Fake, der THE ADVERTS heißt, um mit dem Ansehen meiner alten Band irgendwas einzuheimsen. Diese unveröffentlichten Songs sind aber nicht von den ADVERTS. Die wurden danach geschrieben. In den 80'ern, als keine Plattenfirma an mich interessiert war. Ich hatte aber immer weiter Songs geschrieben, Demos aufgenommen und an neuem Material gearbeitet. Es gibt kein unentdecktes ADVERTS-Material. Das zweite Album “Cast of Thousands” wird wohl in den nächsten Monaten wiederveröffentlicht werden. Dann ist es das gewesen. Alles, was wir je aufgenommen haben, wird dann auf CD veröffentlicht worden sein.

Unglücklicherweise ist ja der Gitarrist vor ein paar Jahren gestorben. Und mit den Drummer(n) hast Du wohl keinen Kontakt. Stimmt das soweit? Was ist mit Gaye? Seid Ihr immernoch ein Paar?
Das stimmt. Der Gitarrist ist tot. Ich habe weder Kontakt mit dem ersten, noch mit dem zweiten Drummer. Gaye hat in dem Moment aufgehört Bass zu spielen, als die Band sich auflöste und sie hatte nie mehr den Wunsch etwas Neues zu starten. Ich denke das Thema ist dann hiermit erledigt.

Naja gut. Dann kommen wir mal zurück zu Dir. Irgendwie machst Du ja jede Tour hier in Deutschland zusammen mit der GARDEN GANG aus München. Und am Ende des Konzertabends habt ihr immer ein paar Songs zusammen gespielt. Findest Du es schöner, Deine neuen Songs auf einer Akustikgitarre zu spielen oder willst Du lieber mal wieder mit einer ‚richtigen' Band zusammen zuspielen? Ich meiner da ist einerseits die die GARDEN GANG, andererseits das DIE TOTEN HOSEN-USELESS Ding…
Ich liebe es, solo zu touren. Ich mag diese Intimität und die Kommunikation zwischen dem Publikum und mir. Das macht mich flexibel. Es gibt keine Setlists - das hängt alles von der Stimmung im Club ab und was gefordert wird.

Andererseits macht es immer noch Spaß mit der Power einer Band hinter mir zu spielen. Das ist der Grund, warum ich mir ein Netzwerk von Bands um mich geschart habe, welche mich in verschiedenen Ländern begleiten können, wenn ich es brauche oder will. Die GARDEN GANG in Deutschland, 1977 in England, SUZI & LOS QUATTRO in Spanien oder die MIDNIGHT CREEPS in den USA. Normalerweise macht die Band erst ihr Set, dann mach ich meines und dann machen wir ein paar Songs zusammen. Das passt gut. Der einzige Nachteil ist, daß mein Solopart am Abend dann kürzer ist als bei einem normalen Sologig. Die 3 Stundensets, die gelegentlich vorkommen, wenn ich allein spiele, sind, wenn ich auch noch mit einer Band spiele, definitiv nicht möglich.

Wie kam denn der Kontakt mit der GARDEN GANG eigentlich zustande? Hast Du schon mal daran gedacht, Ihr (übrigens sehr gutes) Album auch in England zu veröffentlichen?
Der Sänger der GARDEN GANG war der Erste, der mich für einen Sologig in Deutschland eingeladen hat, damals in den frühen 90'ern. Später hat er einen kleinen Club in der Nähe von München betrieben, den Ballroom in Esterhofen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er schon mit einem frühen Line-Up der GARDEN GANG begonnen. Seitdem sind wir Freunde geworden und die Band hat sich auch mächtig weiterentwickelt. Musikalisch macht es für uns Sinn, miteinander zu touren. Und da wir uns sehr mögen, macht es auch auf dem persönlichen Level Sinn. Wenn ich der GARDEN GANG helfen könnte, ihre Platten hier in England zu veröffentlichen, würde ich es tun. Leider habe ich aber keinen Einfluss auf die Labels hier und die interessieren sich wiederum nicht für mich. Ich musste schon mein eigenes Label gründen, um “Not A Bad Day“ zu veröffentlichen.

Du hast angefangen Deutsch zu lernen und bist mittlerweile auch sehr gut darin. Warum hast Du das gemacht? Aus Spaß? Ist es wichtig für Dich, mit Deinem Publikum in seiner Sprache zu kommunizieren. Wie ist es zum Beispiel mit Tschechisch?
Ich habe Spaß daran und ich fühle mich in Deutschland, Österreich und der Schweiz mehr zu Hause, wenn ich deutsch spreche. Ich habe in diesen Ländern viele Freunde getroffen und möchte nicht die ganze Zeit als „Aussenseiter“ gelten. Der Hauptgrund, warum ich es anfing zu lernen war, daß ich von der Bühne aus besser mit dem Publikum kommunizieren kann. Ich weiß, daß es schwer für die Leute ist, die ganzen englischen Texte zu verstehen, daher wollte ich mir die Möglichkeit schaffen, etwas über die Songs zu sagen. Leider spreche ich nur Englisch, Französisch und Deutsch. Ich versuche gerade noch Spanisch zu lernen, aber ich habe so wenig Zeit. Ich habe auch versucht, Finnisch und Tschechisch zu lernen. Aber das war zu schwer und ich habe es aufgegeben.

Siehst Du Dich eher als Singer/Songwriter? Was für Musik hörst Du derzeit. Was beeinflusst Dich?
Ich höre alles Mögliche. Ich kümmere mich nicht drum, in welche Kategorie man das dann stecken mag. Diese ganze „Ist das (noch) Punk?“-Debatte interessiert mich nicht. Was mich interessiert, sind Texte und Melodien und die Ideen die darüber transportiert werden. Ich war eigentlich ständig auf Tour in den letzten Monaten und wenn ich zu Hause mal ein bisschen Zeit gehabt hatte, habe ich an neuen Songs für das nächste Album gearbeitet. Daher habe ich nicht soooo viel Musik gehört. Aber wenn ich jetzt was benennen müsste, wären es derzeit die neuen Alben von…mmm… NICK CAVE oder TOM WAITS oder SOCIAL DISTORTION oder GREEN DAY oder…

Deine Texte. Sind die eher auf Fantasie oder der Realität basierend?
Alles hat einen realen Hintergrund.

Deine ersten beiden Alben 'March of the Giants' und 'The Immortal Rich' sind mittlerweile ausverkauft. Ich bin auch schon lange Zeit auf der Suche danach. Gibt's da vielleicht eine Möglichkeit, daß sie vielleicht irgendwann wiederveröffentlicht werden?
Ich glaube die einzige Möglichkeit, sie nochmal neu zu veröffentlichen, wäre, daß ich sie selbst rausbringe. Ich würde das liebendgern tun, aber im Moment habe ich nicht die Zeit dafür. Es ist eine Menge Arbeit, eine Platte ohne die Hilfe einer Plattenfirma zu veröffentlichen. Da stecke ich lieber meine ganze Kraft und Energie darein, neues Material zu veröffentlichen. Nach der Veröffentlichung der nächsten Platte werde ich mich vielleicht daran machen, die alten Sachen neu rauszubringen. Ich habe aber auch noch ein paar andere Sachen im Kopf. Zum Beispiel habe ich noch jede Menge Songs aus den 80'ern, die nie veröffentlicht wurden. Die würde ich auch gern veröffentlichen.

Eine andere, mich immer sehr interessierende Frage. Was denkst Du über das Medium ‘Internet'? Ich meine, ich kann gerade relativ problemlos das Interview mit Dir führen. Es ist schnell und man kann in Kontakt bleiben. Wie nutzt Du das Internet? Bekommst Du viele eMails? Beantwortest Du die alle und was war der Grund, Deine eigene Seite zu starten?
Das Internet ist sehr wichtig für mich geworden. Ich möchte nicht länger von den Mainstreammedien abhängig sein. Ohne ihre Unterstützung ist das Internet die einzige Möglichkeit für die Leute, etwas über mich herauszufinden. Es ist eine direkte Verbindung zu mir, ohne durch die Medien gefiltert zu werden. Ich bekomme eine Menge eMails und das finde ich toll. Manche Leute schreiben mir, daß ihnen ein Gig oder die Platte gefallen hat, andere bieten mir wiederum ein Gig an oder verschaffen mir Kontakt zu jemand, der das macht. Ich versuche alle Mails zu beantworten. Oft sind es nur ein paar Worte, um sich zu bedanken. Die Website hat ein Fan aus Deutschland vor ein paar Jahren angefangen, bevor ich überhaupt einen Computer hatte. Damals hatte ich keine Ahnung, wie wichtig sie einmal für mich werden würde.

Würdest Du Deine Homepage als so was wie ein privates Tagebuch ansehen?
Ich sehe sie als zentralen Punkt, wo Leute direkt genaue Informationen über Konzerte und Platten von mir bekommen. Und natürlich selbst, untereinander, kommunizieren können.
Also für mich ist das Internet eine großartige Sache. Zum Beispiel habe ich mir kürzlich die Videoclips vom “ Old Grey Whistle Test” und dem “TOTP”-Auftritt heruntergeladen. Hast Du diese Videos auch zu Hause? Schaust Du Dir die von Zeit zu Zeit an? Die sind so strange. Völlig anders als das, was man heut zutage im TV (Sorry! ;-)) sieht. Was denkst Du, wenn Du Dir heutzutage diese Clips anschaust?
Ich habe ein Archiv und versuche von allem irgendwie eine Kopie zu bekommen, aber ich schau sie mir nicht mehr als einmal an. Zum Beispiel habe ich den “Old Grey Whistle Test” Material nie zuvor gesehen, bis mich die BBC kontaktierte, weil sie eine DVD mit einem Song von uns produzieren wollte. Sie haben dann das Tape rübergeschickt. Es ist natürlich komisch Dich zu sehen, was 25 Jahre her ist. Aber ich fand das toll. Man kann wirklich sehen, daß wir damals was gemacht haben, was niemand zuvor gemacht hatte.

Letzte Frage. Kürzlich starb John Peel. Inwiefern hat Dich das berührt?
Darüber bin ich natürlich sehr traurig. Über Jahre hinweg war es einzig und allein durch ihn die möglich, alternative Musik in England zu hören. Für die ADVERTS war er eine gewaltige Hilfe. Die vier Livesessions, die wir von ihm bekommen haben, haben uns unglaublich geholfen, uns einem weiteren Publikum bekannt zu machen. Später gab es noch weitere Sessions mit den EXPLORERS und eine letzte mit CHEAP. Er war eine echte und nette Person und das gibt es heutzutage nicht oft.

Danke Dir TV. Irgendwelche letzten Worte? Was planst Du für dieses Jahr für Dich und Deine Musik?
Ich hoffe, wir sehen uns irgendwann, irgendwo nächstes Jahr auf Tour. Unterstützt weiterhin gute und ehrliche Musik und lasst Euch nicht von all diesem gefakten Zeug verarschen, welche die Musikindustrie Euch aufdrückt. Ich konzentriere mich derzeit auf ein neues Album, welches hoffentlich in diesem Jahr erscheint und darüber bin ich sehr froh. Ich denke, es wird genau das sein, worauf Ihr wartet…