The Special Guests

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Es ist schon wieder etwas her als ich mich mit den Jungs von The Special Guests in einer Kneipe, in der nähe ihres Probraum traf. Das Gespräch war sehr lang und informativ, doch leider macht mein altes Diktiergerät nicht mehr alles mit und so war es dann, dass ich nicht alles verstand was sie mir aufs Band gesprochen hatten. Vielleicht lag es auch daran, dass in der Zeit des Interviews so einige Bierchen über die Ladentheke gingen und im Laufe des Abends die Gespräche lauter wurden und sich überlagerten.

10 Jahre The Special Guests

Bekanntlich gab es Mitte der 90er Jahre in Berlin eine Menge Skabands. Darunter waren nicht alle schlecht und nur wenige hatten eine Bandauflösung wirklich verdient. Generell besteht aber eine Skaband aus mehr als 3 Bandmitgliedern und diese Tatsache bringt natürlich auch Probleme mit sich. Nicht nur, dass Skabands immer vergleichsweise hohe Reisekosten haben, wenn sie auf Tour gehen. Nein es ist auch schwierig, alle Meinungen unter einen Pork Pie zu bekommen. Für Bands bedeutet dieses oft ein frühzeitiges Aus oder eine derartige Umbesetzung, dass von den ursprünglichen Bandmitgliedern und deren Einflüssen nicht mehr viel übrig bleibt. Natürlich gab es auch bei einem der letzten Reste des Berliner Urgestein-Ska nämlich bei den Special Guests eine Reihe von Umbesetzungen, die waren aber nie so gravierend, dass daraus gleich eine neue Band hervorgegangen wäre. „ In der Tat sind die Leute in der Band geblieben, die auch immer am meisten für die Band getan haben. Wir haben als Spaßband angefangen. Einige haben mit der Gründung der Band auch erst angefangen, ein Instrument zu erlernen und haben dann mitbekommen, dass Musik machen nicht ihre Hauptaktion ist. Aber es ist so, dass der Kern geblieben ist. “

Auch The Special Guests gründeten sich mitte der 90er. „Wir waren auf einem Blechreiz Konzert und haben uns überlegt, so eine Musik wollen wir auch machen. Dann gab es da noch eine Band, wie hieß die doch gleich … ach ja Mother's Pride“ wissen die Jungs zu scherzen. Danach wird erstmal eine neue Runde Bier geordert. Auch bei den Special Guests verlief die Gründung auf klassischem Wege. Im Kollegenkreis der Schule wurden ein paar Leute zusammengescharrt und dazu verdonnert, ein Instrument zu erlernen. Als Schülerband zu beginnen ist auch heute noch, oder vielleicht heute erst recht, eine gute Vorraussetzung. Dadurch kann sich die Band gewiss sein, auch immer vor Publikum zu spielen, wie es so einige Konzerte derzeit zeigen. Ähnlich wie bei anderen Skabands, kam auch hier der Entschluss, sich mit dieser Musik zu beschäftigen vor der Auseinandersetzung mit den Wurzeln und der Geschichte der Bewegung.
In Berlin gibt es bis auf Yebo, der wohl ältesten noch existierende Skaband Europas keine weitere Skaband, die ihr 10jähriges Bestehen feiern konnte, wie es die Special Guests neulich erst in der Kalkscheune getan haben. “Bei jedem Einzelnen ist scheinbar ein Verantwortungsgefühl vorhanden und jedem Einzelnen ist klar, dass er verantwortlich ist, die Sache am Laufen zu halten. Natürlich haben nicht alle 100%ig die gleiche Meinung, wohin das Projekt führen soll, aber ich denke schon, dass sich alle darüber einig sind, dass wir keine Feierabendband sein wollen, dass wir gute Musik bieten möchten und möglichst vielen Leuten unsere Musik mitteilen wollen.“
Dennoch gab es in der Band auch einen entscheidenden Wendepunkt. Ein Jahr vor dem 10jährigen Bestehen, entscheidet sich Leon für ein Auslandssemester plus Praktikum in Frankreich. „Dass ihm die Entscheidung aber nicht leicht gefallen ist, hat man gemerkt. Er hatte dabei eine Träne im Auge. Ich persönlich hätte mich anderes entschieden, aber er hat für sich beschlossen, dass die Ausbildung dann doch vorgeht. Diese Entscheidung ist völlig legitim wenn man sich überlegt, ich habe mit einer Ausbildung im Ausland später eine bessere Chancen einen Job zu finden, gerade in der Hinsicht, dass das Ska-Buissness (wenn man es denn so nennen kann) nicht gerade die finanzielle Zukunft mit sich bringt. Es hätte wahrscheinlich nicht jeder gemacht. Das ist eine Typenfrage, die man respektieren muss. Ihm ist es aber nicht leicht gefallen.“ Mit dem Wechsel des Sängers kam es zu kleinen, feinen Veränderungen in der Band. Auch wenn sie es gar nicht so richtig wahr haben wollen und auf meine Nachfrage etwas ins Schleudern und Rumdrucksen kommen, ist es doch so, dass bei ihren Liveauftritten nun etwas mehr Druck hinter der Musik steckt. Eigentlich hat sich nicht viel geändert, die Songs werden im selben Tempo gespielt, aber alles klingt irgendwie kraftvoller und somit ist der Konzertgenuss um einiges gestiegen. „Vielleicht hat das was mit seiner Stimme zu tun.“ Vielleicht? Leon wirkte als Sänger eher zurückhaltend und ließ die Band oft in eine Jamsession abdriften. „Es hat auch damit was zu tun, das die Entscheidung von Leon nicht über Nacht viel, sondern er hat sich entschieden, er geht weg aus Berlin und er ist die nächsten zwei, drei Jahre und sogar vielleicht für immer weg. Ich glaube er hatte sich innerlich auch schon verabschiedet. Das hat man vielleicht nicht im Publikum gemerkt, aber Bandintern auf jeden Fall. Dann hat sich die ganze Sache noch einmal um ein halbes Jahr verschoben und Leon wusste, dass es in absehbarer Zeit vorbei ist. Und wenn du das selber schon weißt, dann hast du den Cut innerlich ja schon gemacht.“

Mit seinem ersten Auftritt im letzten Jahr wurde Willi Ocean, der neue Sänger ins kalte Wasser geworfen. Anlässlich der Popcom spielten The Special Guests mit weiteren Skabands vor viel Publikum im SO36. „Für uns war das eine Katastrophe. Wir hatten eine tierische Rückkopplungen auf der Bühne. Vom Feeling her, hatten wir ein ganz schlechtes Konzert.“ „Das war wirklich schrecklich, die Rückkopplungen wurden von Lied zu Lied schlimmer. Ich habe so etwas bis jetzt nicht mehr erlebt“ meint dazu Willi.
Wer Mitte letzten Jahres aufmerksam die Anzeigen in den Lokalen Pressen gelesen hat, dem ist sicherlich die Anzeige aufgefallen: Berliner Skaband mit viel Liveerfahrung sucht Sänger, oder so ähnlich. Nur leider wurde nicht erwähnt, um welche Band es sich handelt. Verraten hatte es nur die Kontaktadresse: irgendwas@thespecialguests.de . Damit war klar, im Hause Special Guests passiert was. Aber der neue Sänger wurde über andere Wege gefunden. „Mich hat ein Freund angerufen und fragt: ‚Eh sag mal Willi, könntest du dir vorstellen in einer Band zu singen?' Und dann meinte ich so … ‚Normaler Weise nicht. Aber weil meine Situation gerade so schräg ist, würde ich mir anhören, was du zu sagen hast. Was machen die denn für Musik?' ‚Die machen Ska.' ‚Ach. Ja O.K. normaler Weise würde ich sagen, hab ich nicht viel mit zu tun, da aber meine Vertragsverhandlungen mit meinem augenblicklichen Verein gerade so schlecht sind, wat solls, da geh ick mal hin.'“ Dazu sollte erwähnt werden, dass Willi Handballer bei SGH-Neuruppin ist. „Ich habe 20 Jahre Handball gespielt…“ „ Während wir uns den Arsch mit der Band abgespielt haben“ meint dazu die Band.
In einer Band hat Willi noch nie gesungen, geschweige denn eine richtige Gesangsausbildung gehabt. Die einzige Bühnenerfahrung, die er jemals machte, war im Schulchor, in dem Willi vor mehr als 10 Jahren sang. Nach dem Interview und nach 2 Bier erzählte er mir, dass er durch diese Tätigkeit aber schon der Pausenhof-Pate der Schule war.
Auf die Anzeige aber meldeten sich so einige Leute. Nach Angaben der Band waren Leute dabei, die es richtig gut konnten und andere, wo man sich dachte „ganz schön mutig sich auf eine Anzeige zu melden“. Andere die gut singen konnten, mit denen passte es an anderer Stelle nicht. Es wurde natürlich auch nach persönlichen Kriterien ausgesucht, immerhin muss man sich bei der Band auch auf lange Reisen einstellen und man möchte sich dabei natürlich nicht auf die Nerven gehen. Als Willi Ocean ankam, passte die Chemie von Anfang an. Darauf durfte er vorsingen und wer die Stimme kennt, der kann sich vorstellen, dass sie durchaus überzeugen kann. So wurde ein neuer Sänger gefunden.

Es gibt aber noch andere Neuigkeiten. The Special Guests waren Anfang des Jahres wieder im Tonstudio. Als wir uns zum Interview trafen, saßen sie gerade alle am Tisch und überlegten sich einen Namen für das kommende Album. Verraten wollten sie ihn uns aber noch nicht. Im September wird die neue Scheibe präsentiert. „Das läuft so, was wir neu erarbeiten, wird live natürlich auch gespielt. Wir machen ja nicht einen Song fertig und spielen den dann nicht, nur weil in 2 Jahren vielleicht eine neue Platte rauskommt. Also wer regelmäßig zu unseren Konzerten kommt, kennt fast jeden der Songs. Bis auf wenige, vielleicht.“

Autor: Stefan