Dub Gabriel

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Berlin ist groß. In Berlin wohnen Menschen aus aller Welt. Berlin taucht immer öfter im selben Atemzug wie Paris, New York, London und Barcelona auf. In Berlin trifft sich die Kreativelite und der Underground auf ein Bier. Berlin ist Szene. Berlin vereint. Berlin bietet vielen ein neues zu Hause. Berlin schlägt Brücken. Berlin verbindet die Welt. Berlin ist die Welt. Die Welt ist Berlin.
Dub Gabriel ist DJ, Produzent und Musikzerstörer. Ein urbaner Mystiker, der sich zwischen Kreativelite und Underground bewegt, um mal hier, mal dort ein Bier zu trinken. Dub Gabriels Musik schlägt Brücken und verbindet die Welt – Asien mit Nordafrika mit Jamaika mit Osteuropa mit Tradition mit Moderne; Beats mit Bongos, Punk mit Gnawa, die Erde mit dem Himmel. Und: Dub Gabriels Musik passt in keine bestehende Szene. Dub Gabriel ist Nomade - ein moderner Gipsy, der umher reist, um die Leute zum Tanzen zu bringen. Dub Gabriel ist New Yorker und wohnt seit kurzem in Berlin.

Dub Gabriel bei VOC zu Gast und in der Welt zu Hause.

1. Wann hast Du mit Auflegen angefangen?
Ich bin seit über 20 Jahren Musiker und Bassist, und seit 8 Jahren Beatmaker/Produzent/Musikzerstörer.

2. Warum Musikzerstörer?
Musikzerstörer, weil ich alle bestehenden Genre-Konzepte und alle damit verbundenen Assoziationen was es sein soll und was nicht aufbrechen will. Es hat mich schon immer gestört, dass die Leute denken sie müssten sich nur mit einem Musikstil identifizieren. Wenn du dazu gehörst, ziehst du dich auf gewisse Art und Weise an, wie eine Uniform, und du verhältst dich auf gewisse Art und Weise und hängst nur mit Leute rum, die auch so sind. Genau das will ich zerstören, scheiß auf die Grenzen, die wir uns selbst bauen. Ob es nun Worldmusic, elektronische Musik, Punk, Dub, Hip Hop, Rock oder was auch immer ist. Ich denke nicht, dass ich in irgendeine von diesen Gruppen gehören muss, weil ich alles bin und alles in mir trage.
Ich war immer jemand, der in vielen Kreisen unterwegs war, was für mich und gegen mich wirkt. Viele Leute sind sehr in sich selbst beschränkt und verstehen nicht, wie ich klassische indische Musik machen kann und mit Indern abhänge, und danach mit den roughesten gang banger Hip Hoppern aus Bed Sty Brooklyn zusammen arbeite.
Ich sehe eine Verbindung in allem. Es ist alles Musik, die aus der Seele kommt und widerspiegelt, was die Leute in ihrem Leben erfahren haben.

3. Mit welcher Musik hast Du angefangen?
Punk, Punk, Punk - die ersten Inspirationen waren die Bad Brains, Butthole Surfers, Crass, Gang of Four und P.I.L., die mich zu Dub und somit wahrscheinlich zu globaler Musik gebracht haben.

4. Welche Rolle spielt Dub bei der Entstehung deiner Musik?
Dub ist einer der entscheidensten Einflüsse für mich und es ist immer noch die Musik, die ich ständig hören kann. Ich bin seit 20 Jahren Musiker und seit 8 Jahren DJ. Als ich angefangen habe Aufzulegen, fand ich es wenig fordernd nur mit zwei Turntables und fertig aufgenommener Musik aufzulegen. Ich denke wirklich, dass Auflegen eine der am meisten überbewerteten Professionen ist. Als Bassist war ich daran gewöhnt dem Schlagzeuger zu folgen und passend dazu zu spielen. Demzufolge war es immer leicht für mich einfach auf den Beat einzugehen. Ich fand es langweilig, einfach nur zwei Wachsplatten aufzulegen. Deswegen habe ich mir Gitarrenverzerrer besorgt, um die Quelle der Musik zu manipulieren, um etwas Neues zu schaffen und alles interaktiver werden zu lassen. Es war so etwas wie ein modernes Soundsystem. Deswegen war es für mich auch passender mich Dub Gabriel anstelle DJ Gabriel zu nennen. Da ich aus einem musikalischen Background komme, hatte ich auch immer diese gewisse Attitüde, wegen der mich viele als DJ gesehen haben. Ich lege gern auf, aber ich habe den Anspruch etwas damit machen, damit es interessanter wird.

5. Woher kommen all die weltlichen Einflüsse, die sich in deiner Musik widerspiegeln?
Ich habe angefangen Bass zu spielen als ich 13 Jahre alt war. Meine Eltern haben mir zu meinem 13. Geburtstag einen Bass und eine Motorradlederjacke geschenkt; zu der Zeit war ich völlig von Punk eingenommen und wollte nichts anderes in der Welt, als wie Sid Vicious und Dee Dee Ramone zu sein. Mit der Jacke und dem Bass war ich quasi bereit und gewappnet. Ich verdanke meine Passion für die Musik der Punk Szene. Ich habe viel Zeit damit verbracht, bass zu meinen leibsten Punk Platten zu spielen. Von den Platten bin ich dann zu Bands wie Public Image Limited mit Jah Wobble am Bass, Bad Brains, Gang of Four, und The Clash. Diese Alben waren zwar immer noch ziemlich punkig, hatten aber auch diesen Dub-Einfluss. Und zum ersten Mal habe ich anstatt dem normalen Punk Dub diese Basswand gefühlt, die mich direkt in meiner Brust getroffen hat. Das hat mich unglaublich inspiriert.
Als ich 15 oder 16 war kamen dann zwei weitere wichtige Alben heraus. Das eine war Material und Bill Laswell, die Public Image zu der Zeit produziert haben. Bei einem Gewinnspiel im Radio habe ich dann das „Seven Souls” Album von Material gewonnen. Das zweite Album, welches heraus kam war der Soundtrack zu dem Film „The Last Temptation of Christ“. Es hieß „Passion“ und war von Peter Gabriel. Es war mit nichts zu vergleichen, was Peter Gabriel vorher gemacht oder was ich gehört hatte. Das hat mich wirklich umgehauen, und das tut es auch immer noch!
Von dort bin ich dann zu Alben wie „My Life in the Bush of Ghost” von Brian Eno und David Byrne und African Headcharge gekommen.

6. Welchen Einfluss hat deine Heimatstadt New York and das Viertel – Brooklyn -aus dem du kommst, auf dich und deine Musik?
Einen grossen Einflus! Ohne New York wäre ich nicht in Lage gewesen, mit all den beeindruckenden Menschen zu arbeiten, mit denen ich bis jetzt gearbeitet habe.

7. Du hast bereits zwei Alben veröffentlicht. Wie findest du neue Sounds?
Ich finde eigentlich keine Musik, die Musik findet mich....

8. Compilations oder Alben?
All original music baby!!

9. Reist du viel?
Der Lebensstil eines Künstlers hat immer mit reisen zu tun. Ich bin bei Hippie Eltern groß geworden und wir sind die ganze Zeit umgezogen. Wir wurden aus jeder Wohnung heraus geschmissen und ich bin arm aufgewachsen. Ich war also immer so etwas wie ein moderner Gipsy. Seit ich meinem 17. Lebensjahr mache ich professionell Musik, und als Künstler machen wir was wir schon immer in der Geschichte getan haben. Wir ziehen von Stadt zu Stadt, spielen unsere Lieder, tanzen und unterhalten die Leute, und ziehen dann weiter. Arabische und Trance Musik bringt dich zum Wachsen als Künstler. Sie lassen dich neue Sounds entdecken, die mich tief beeindruckt haben.

10. Was würdest du gern durchs Auflegen, Abmischen und Produzieren vermitteln?
Intergalaktische Transmissionen vom Untergrund. Eine feine Linie zwischen Sun Ra und Sid Vicious. Eine heilige Verbindung zwischen allem was göttlich ist.

11. Was hat dich veranlasst nach Berlin zu kommen?
Eine Residency in einem Laden namens Goya war eine gute Ausrede, um nach Europa zu ziehen und jemand anderen dafür aufkommen zu lassen.

12. Wie siehst du dich selbst?
Ich sehe mich als modernen Gipsy, einen digitalen Nomaden, einen urbanen Mythen, der auf dieser Welt ist, um umher zu wandern. Von einer Stadt zur nächsten reisend, um Musik für Leute zu machen. Wo ich noch nicht war, will ich noch hin. Als nächstes stehen Barcelona, Marokko und Asien an.

13. Dein letztes Album „Bass Jihad“ hat einen sehr organischen, erdigen und spirituellen Sound. Woher kommt das?
Zuerst einmal mache ich Musik für Gott, in Andacht an Ihn/Sie. Ich sehe meine Musik als sehr spirituell an und ich danke Gott jeden Tag dafür, gesund zu sein und immer versorgt zu werden. Ich hatte eine schwere Kindheit. Ich war obdachlos und stand auf der Straße, meine Eltern waren ihr Leben lang drogensüchtig und ich habe alles gesehen; angefangen mit Menschen, die direkt vor mir in den Kopf geschossen wurden, bis hin zu den Twin Towers, die am 11. September vor meinem Küchenfenster eingestürzt sind. Wir müssen uns also manchmal fragen warum wir weiter machen? Was ist der Grund für all das? Letztlich werden wir alle einmal sterben. Die ersten 25 Jahre meines Lebens war ich immer sehr betrübt. Ich habe letztlich aber gesehen, dass es immer ein Yin und ein Yang gibt, für jedes AC gibt’s ein DC, und für jede Nacht gibt es einen Tag. Es werden immer die schlimmsten Dinge um uns herum passieren, aber es gibt auch die schönsten Dinge um uns herum. Wir suchen uns aus was wir sehen wollen und was wir annehmen. Ich bin an einen Punkt gekommen, an dem ich aufgeben musste, um all die Schönheit anstatt all der Negativität im Leben zu sehen. Ist das Glas halbvoll oder halbleer? Ich lebe jeden Tag als halbvoll. Es ist noch nicht einmal mehr eine Wahl.
Selbst jetzt, wenn ich durch eine schwierige Phase gehe, was bei einem Künstlerleben normal ist mit all den Hochs und Tiefs, akzeptiere ich es. Ich weiß, dass ich selbst in den härtesten Zeiten immer versorgt wurde und immer versorgt werden werde. Du musst Vertrauen haben ins Universum. “Bass Jihad” hat einen organischen Sound, weil es von einer organischen Quelle kommt. Musica Del Alma!!! Music of the Soul!!

14. Zum Abschluss: Empfehlungen in Bezug auf Musik?
Hör dir Jason Forest an, der bis vor kurzem in Berlin gewohnt hat. Dann Al Haca Soundsystem und natürlich andere Projekte wie Balkan Beatbox, Dr. Israel, Samsara Soundsystem, Heavyweight Dub Champions and Kush Aurora.

Das Goya ist zwar mittlerweile pleite und die Sache, dass jemand Dub Gabriel seinen Aufenthalt zahlt, vorläufig erledigt. Hoffen wir aber, dass ihn sein Weg weiter nach vorn und in viele Orte dieser Welt bringt! Vor allen Dingen auf viele Parties in Europa.

Autor: Anne