Chefdenker - Asozialdarwinismus

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6 Jahre? Kaum zu glauben, dass die letzte Veröffentlichung der Kölner schon wieder so lang Jahre her ist. Aber da mein Zeitgefühl aufgrund der allgemein bekannten Umstände seit 2020 sowieso vollkommen durcheinander geraten (und damit dem üblichen Platte-Tour-Platte-Tour-….-Schema entkommen) ist, kann das durchaus passen.

Wie dem auch sei. Schon bei der letzten, also 2016 erschienenen Platte Eigenuran hatte es mehrere Anläufe gebraucht, bis sie bei mir „zündete“, was in diesem Fall allerdings eher als Qualitätsmerkmal anzusehen ist. Denn oft ist es doch so, dass ein „schneller Ohrwurm“ nach kurzer Zeit maximal nerven kann. Bei einem CHEFDENKER-Album ist es aber eben so, dass man auch nach dem zehnten Hören noch einmal etwas Neues entdecken kann und sich vermeintliche, nennen wir es mal B-Songs, zu A-Songs entwickeln und einem längere Zeit Freude machen. Während zum Beispiel kurze Titel wie „Russischer Anwalt“ schnell auf die Zwölf gehen und sicher auch live gut funktionieren, dauerte es bei „Ich Höre Den ganzen Tag Jeff Lynne“ - inklusive (Rock`n`Roll-NoGo(!)) Fade Out am Ende - zumindest bei mir schon etwas länger. Allerdings hatte ich die Platte die ersten Male nur „nebenbei“ gehört, was in bestimmten Momenten sicher auch funktionieren kann. Für den Witz und die musikalischen Fertigkeiten der Band muss man sich aber schon die Zeit nehmen, um das gesamte – ja was sagt man? – Potential?, Spektrum?, Wassweißich? zu erfassen. Caddys teils jazziges Schlagzeugspiel, die Gitarren des Kollegen und Claus‘ unverwechselbare Stimme inklusive einer Lyrik, wie nur er sie bringen kann. So verrückt es teilweise klingen mag, man nimmt ihm alles ab. Herrlich.

„Kreuzberger Morgen sind lang“ ist ein absoluter Hit und lässt einen als Wahlberliner in schwachen Momenten zweifeln, ob man wirklich in der richtigen Stadt lebt. Doch diese sind glücklicherweise kurz, wie generell auch der Großteil der Songs. Insgesamt 19 sind es in ca. 35 Minuten.

War ich vom letzten Output des Herrn Luer, der KnoFa 10“ aus dem Jahre 2022, doch einigermaßen enttäuscht – ja, ich weiß das ist hier ist eine eigenständige Band, aber ganz voneinander trennen kann man es ja auch nicht, oder? – ist ihm und seinen Mitstreitern doch mal wieder ein kleines Meisterwerk gelungen. Dieses kommt als CD, digital und als Vinyl in schwarz bzw. auf 500 Stück limitiert in curacaoblau daher. Tja, ich sag mal, das ist der erste Pflichtkauf des Jahres und es hängt die Messlatte für folgende Veröffentlichungen in diesem Jahr schon mal extrem hoch. Vielen Dank dafür!